Im Herbstprinz-Prozess fordert Staatsanwältin neun Jahre Haft wegen versuchten Mordes

Stade/Jork. Für neun Jahre Haft plädierte im Herbstprinz-Prozess Staatsanwältin Nina Reinecker für den ehemaligen Koch Marc Kevin W. Nach der Beweisaufnahme sieht sie ihn als Hauptschuldigen der sechs Angeklagten. Für die anderen fünf beantragte sie milde Bewährungs-Strafen zwischen zwölf und 24 Monaten vor der Stader Schwurgerichtskammer.

Dem Koch legt sie Mordversuch aus niederen Beweggründen, Heimtücke und schwere Körperverletzung zur Last. Um den Partner seiner heimlichen Geliebten, der Herbstprinz-Wirtin Sandra T. aus dem Weg zu räumen, soll er vier Mittäter angeheuert und bezahlt haben. Letztlich aber habe der Koch in der Tatnacht am 30. März allein auf das schlafende Opfer eingestochen und es schwer verletzt, so die Ausführungen der Staatsanwältin, der es nicht gelang, nachzuweisen, wer der fünf angeklagten Männer tatsächlich mit dem Messer auf den Lebenspartner von Sandra T. einstach.

Dass W. versuchte, plausibel zu machen, dass er für einen Mord nicht mit 1500 Euro "bestbezahlte Zuschauer" hätte anheuern müssen, überzeugte die Staatsanwältin offensichtlich nicht. Der Mordversuch "misslang nur um Haaresbreite", so Reinecker. Sandra T. sei "psychische Beihilfe" anzulasten, kurz vor dem Überfall habe sie mit W. rege SMS gewechselt und ihren Geliebten offenbar bestärkt. Alle SMS- und Telefonauswertungen sprächen dafür, dass Sandra T. von der Tat wusste, so die Staatsanwältin, die für Sandra T., die im Prozess schwieg und kein Wort zur Wahrheitsfindung beitrug, ein Jahr auf Bewährung als gerechtfertigte Strafe sieht: "Sie hat sieben Monate Untersuchungshaft erleiden müssen und ihre Tochter in der Zeit nicht gesehen."

Zwischen zwei Jahren und 18 Monaten zur Bewährung lag das Strafmaß für die vier Mittäter im Alter von 18 bis 34 Jahren. Sie hätten übereinstimmend und plausibel geschildert, als Fahrer, Schlägerkommando und Schmieresteher an der Tat beteiligt gewesen zu sein. Zwei von ihnen seien mit Marc Kevin W. im Haus des Opfers gewesen und gaben an, im Dunkeln vom Blitzen der Messerklinge überrascht worden zu sein. Bei ihnen habe sie das Strafmaß für versuchte, schwere Körperverletzung angesetzt, so Reinecker.

Ganz anders plädierte der Anwalt des Opfers und Nebenklägers Martin Krüger: Krüger ist nach der Beweisaufnahme überzeugt, dass Sandra T. und ihr Geliebter das Mordkomplott "über Monate perfide vorbereitet haben". Zudem schließe er aus, dass W. mit dem Messer auf seinen Mandanten einstach. Zudem habe der Koch alle örtlichen Gegebenheiten am Traditionslokal Herbstprinz und dem Wohnhaus seit Jahren gekannt. Er hätte selbst in panischer Flucht nicht den Weg über die Terrassenstufen genommen, wäre dort gestolpert und hätte die Tatwaffe verloren, so Krüger.

Der Anwalt von Marc Kevin W. hatte am letzten Prozesstag noch den Antrag gestellt, den Vorsitzenden der Schwurgerichtskammer, Richter Matthias Bähre "wegen Befangenheit" abzulehnen. Sein Mandant befürchte, keinen fairen Prozess zu bekommen.

Das Ablehnungsgesuch wurde nach dienstlicher Stellungnahme und Kammerentscheid ohne Richter Bähre "als unbegründet" abgewiesen.