Je größer ein Unternehmen, desto höher die Quote. Öffentlicher Dienst ist Primus

Eigentlich sollen Schwerbehinderte im Arbeitsleben besonders gefördert werden. Doch die meisten Unternehmen unterschreiten die vorgeschriebene Beschäftigungsquote von fünf Prozent und zahlen stattdessen eine Ausgleichsabgabe. Das zeigt das Zahlenwerk der Bundesagentur für Arbeit für den Zeitraum von 2003 bis 2009. Danach liegt die durchschnittliche Beschäftigungsquote im Landkreis Harburg lediglich bei 2,7 Prozent. Im Landkreis Lüneburg sind es 3,3 Prozent und im Landkreis Stade 3,6 Prozent.

Susanne Serbest, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Lüneburg, glaubt, die geringe Beschäftigungszahl liege daran, dass viele Arbeitgeber falsch informiert seien. Hartnäckig halte sich die Vorstellung von leistungsschwachen Schwerbehinderten in den Köpfen der Unternehmer. Zudem führten die Firmen den besonderen Kündigungsschutz, höheren Urlaubsanspruch und Verwaltungsaufwand sowie finanzielle Mehrbelastung ins Feld, sagt Serbest.

Gegenüber dem Hamburger Abendblatt sagten Firmen, es liege am Bewerbermangel, dass sie selten Schwerbehinderte einstellten. "Schwerbehinderte Bewerber kommen kaum vor", sagt Werner Klintworth, Leiter der Personalabteilung der Kreissparkasse Stade. Derzeit sind bei dem Bankinstitut vier Schwerbehinderte beschäftigt, sodass der Betrieb auf eine Beschäftigungsquote von knapp 1,5 Prozent kommt. "Wir haben die Beschäftigung Schwerbehinderter aber auch nicht als Schwerpunkt gesetzt", sagt der Personalleiter. Das Unternehmen zahlt lieber. Allein für das vergangene Jahr muss das Kreditinstitut eine Ausgleichsabgabe von 27 000 Euro berappen.

Auch Pressesprecher Dennis Heinert von der Firma "InnoGames" aus Harburg, weltweit einer der führenden Entwickler und Betreiber von Onlinespielen, verweist auf die niedrige Anzahl schwer behinderter Bewerber. Das Unternehmen beschäftigt 180 Mitarbeiter. Darunter ist kein einziger Schwerbehinderter. "Leider", sagt Heinert.

"InnoGames" sucht immer wieder Softwareentwickler, Grafiker und Game-Designer. Doch seit der Gründung des Betriebes 2007 haben die Verantwortlichen lediglich zwei Bewerbungsgespräche mit Schwerbehinderten geführt. "Die Einstellung ist dann an klassischen Gründen - also an der mangelnden fachlichen Qualifikation und an Gehaltsvorstellungen gescheitert", sagt Heinert.

In größeren Unternehmen sieht es wiederum ganz anders aus. Beim Chemiekonzern Dow Chemical in Stade zum Beispiel arbeiten 75 Schwerbehinderte, sodass das Unternehmen die vorgeschriebene Quote mit 5,3 Prozent erfüllt. "Je größer das Unternehmen, desto mehr Pflichtarbeitsplätze sind besetzt", bestätigt auch Susanne Serbest, Pressesprecherin der Lüneburger Arbeitsagentur.

Doch nicht immer trifft das zu. Die Gesundheitsholding, mit 2600 Beschäftigten der größte Arbeitgeber in Lüneburg, hat mit 4,3 Prozent weniger Schwerbehinderte auf der Gehaltsliste stehen, als wünschenswert wäre. Auch hier erklärt die Pressesprecherin Angelika Wilhelm: "Zu wenige Bewerber."

Im öffentlichen Sektor ergibt sich ein grundlegend anderes Bild. Dort arbeiten deutlich mehr schwerbehinderte Menschen. Zumindest im Landkreis Harburg. Da liegt die durchschnittliche Beschäftigungsquote mit 7,6 Prozent (2003 bis 2009) deutlich höher als die im Landkreis Stade und Lüneburg mit jeweils einer Beschäftigungsquote von 5,1 Prozent.

Die Harburger Kreisbehörde, einer der größten Arbeitgeber im Landreis, ist da Vorbild. In den vergangenen Jahren setzen sie zunehmend auf schwerbehinderte Mitarbeiter. Die Beschäftigungsquote ist von 4,03 Prozent in 2002 auf 6,69 Prozent in 2010 gestiegen. "Behinderte Menschen werden heute viel besser gefördert als noch vor Jahren und in der Schule besser integriert. Das führt auch dazu, dass sich mehr qualifizierte Schwerbehinderte bewerben", begründet Pressesprecher Georg Krümpelmann den Anstieg. Im Übrigen lege der Landkreis als öffentlicher Arbeitgeber hohen Wert auf die Integration.