Gericht sieht Herbstprinz-Koch weiter unter Tatverdacht. Dazu Streit um Zeugenaussage eines Kindes

Stade/Jork. Soll ein kleines Mädchen als Zeugin in einem Prozess um versuchten Mord, den laut Anklage ihre Mutter mit ihrem Geliebten gegen ihren Vater in Auftrag gegeben haben soll, aussagen? Diese Frage und über das Prozedere einer solchen Befragung muss nun die Stader Schwurgerichtskammer unter Vorsitz von Richter Matthias Bähre im so genannten Herbstprinz-Prozess entscheiden.

Anlass ist ein Antrag des Nebenklägers Andreas S., dem Opfer des Mordkomplotts. Er ist der ehemalige Lebensgefährte von Sandra T., der ehemaligen Wirtin des Jorker Traditionslokals "Herbstprinz" und Vater der gemeinsamen Tochter. Der heute 52 Jahre alte Gastronom überlebte einen Überfall, den seine Partnerin und ihr heimlicher Geliebter, der ehemalige Herbstprinz-Koch Marc Kevin W, angestiftet haben sollen, in der Nacht zum 30. März 2011 schwer verletzt durch Messerstiche in Hals, Brust und Arm. Sandra T. und Marc Kevin W. hatten für den Überfall vier junge Männer aus Hamburg angeheuert, die ebenfalls angeklagt sind.

Seit der Festnahme ihrer Mutter, lebt das Kind beim Vater. Es habe von sich aus dem Vater erzählt, dass die Mama am Telefon zu Marc gesagt haben soll "mach ihn tot". Das Kind habe ihm auch erzählt, dass Marc mit in der Schweiz und in Paris im Urlaub war.

Obwohl das kleine Mädchen bereits im vergangenen Sommer, als es um sein Aufenthaltsbestimmungsrecht ging, vor dem Amtsgericht Buxtehude hatte aussagen müssen, brauste nun ein Sturm der Entrüstung aller beteiligten Strafverteidiger durch den Schwurgerichtssaal, dass das Kind befragt werden solle. Sandra T.s Anwalt Jens Meggers sagte, er sei über den Antrag verärgert und "dass der Nebenkläger, der vorgibt ein liebevolles Verhältnis zu seinem Kind zu haben, vor nichts zurückschreckt".

Alle Strafverteidiger schienen auch darüber einig, dass alle weiteren Beweisanträge, die Martin Krüger, Anwalt des Nebenklägers S., stellte "wegen Bedeutungslosigkeit" von der Kammer abgewiesen werden sollten. Sie sahen diese Anträge "an der Grenze der Prozessverschleppung".

Schwache Unterstützung bekam Opferanwalt Krüger von der Staatsanwältin immerhin für den Beweisantrag, der mehr Licht in die Geldverhältnisse von Sandra T. bringen soll. Aus Ebaygeschäften, dem Verkauf von aus dem Lokal entnommenem Portwein und vorgeblich gestohlenen Gegenständen soll die Herbstprinz-Wirtin 10 615,96 Euro für sich abgezweigt haben, rechnete die Nebenklage anhand von Belegen vor. Mit dem Geld, das für Raten des Herbstprinz sein sollte, sei Sandra T. zum Urlaub in die Schweiz gereist und habe ihre Ferienwohnung, die sie bis zum Tag der Tat in Reinbek bei Hamburg gemietet hatte, bezahlt.

Kurz vor der Tat habe Sandra T. sich von ihrem Vater Geld leihen müssen, was die Nebenklage als Indiz sieht, dass sie kein Geld mehr hatte, weil sie die mehrfach genannten 5000 Euro für den Überfall an die beauftragten Mittäter gegeben habe.

Die Kammer wies zudem erneut den Antrag von Marc Kevin W. auf Haftentlassung ab. Gegen W. bestehe hinreichend Tatverdacht, so Richter Bähre. "Er hatte ein Motiv und die Tat war von Tötungsabsicht geprägt."