Im Landkreis Stade fehlen Betreuungsangebote. Viele Kinder im Grundschulalter benötigen eine Sprachförderung ergab der Bildungsbericht 2011.

Stade/Buxtehude. Eine Vielzahl von Defiziten im Bildungsbereich im Landkreis Stade und drohende Schließungen von Schulen, das ist das Fazit des jetzt vorgestellten Bildungsberichtes 2011 für den Landkreis Stade. Vor allem die Ganztagsbetreuung in den Schulen ist immer noch weit von den politisch geforderten Zielen entfernt. "Eine ausreichende Versorgung mit Ganztagsangeboten ist nicht gewährleistet. Sozialräumlich ist eine familienfreundliche Schulkindbetreuung im Landkreis Stade nur vereinzelt vorzufinden", heißt es in dem Bericht.

Familienfreundliche sowie bedarfsgerechte und flexible Betreuungsmöglichkeiten seien im Landkreis Stade nur teilweise und regional sehr unterschiedlich vorhanden, hieß es bereits im Bericht des Jahres 2010. Die Lage hat sich seit dem nicht verbessert. Das anvisierte Ziel einer gerade einmal "ausreichenden Versorgung" von Kindern ist laut den Untersuchungen des Kreises nur für Kinder zwischen drei Jahren und dem Eintritt in die Schule erreicht worden. Für Kinder unter drei Jahren mit Behinderungen gab und gibt es laut Bildungsbericht zu wenig Betreuungsangebote. Eine grundlegende und deutliche Änderung ist kurzfristig nicht zu erwarten.

Laut den aktuellen Untersuchungen des Bildungsbüros sind die Betreuungsangebote für alle Kinder unter drei Jahren viel zu niedrig. Lediglich 9,3 Prozent der Kinder dieser Altersstufe kommen im Landkreis in den Genuss von Betreuungsangeboten. Damit liegt der Wert noch deutlich unter dem vom Kreisjugendhilfeausschuss etwa für den Zuständigkeitsbereich des Amtes für Jugend und Familie des Landkreises Stade vorgegebenen Wert von 20 Prozent. Und dieser Wert liegt wiederum deutlicher unter der bundesweiten Versorgungsempfehlung. Die sieht Betreuungsmöglichkeiten für mindestens 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren als notwendig an.

Ähnlich problematisch stelle sich das Ganztagangebot an den Kindertagesstätten dar. Für das Jahr 2010 wurden insgesamt 441 Plätze für schulpflichtige Kinder in den Kindertagesstätten des Landkreises Stade vorgehalten und insgesamt 160 schulpflichtige Kinder wurden 2010 in der Tagespflege betreut. Quotiert auf 16 661 Kinder im Alter zwischen sechseinhalb bis 14 Jahren ergab sich damit eine Versorgungsquote von lediglich 3,6 Prozent.

Auch hier seien regional nochmals deutlich Unterschiede festzustellen. In der Hansestadt Stade liege die Versorgungsquote derzeit bei 3,9 Prozent, in den ländlichen Kommunen des Kreises im Schnitt bei lediglich 2,4 Prozent. Buxtehude stehe mit einer derzeitigen Versorgungsquote von 7,1 Prozent im Vergleich zu den anderen Kommunen gut da.

Die Entwicklung in der Estestadt, wie etwa die Einrichtung von offenen Ganztagsschulen, wird in dem Bildungsbericht als "beispielhaft" bezeichnet. Für die anderen Kommunen besteht somit aus Sicht des Bildungsbüros im Landkreis Stade noch deutlicher Handlungsbedarf.

Erkennbar ist laut Bildungsbericht auch, dass kreisweit seit dem Jahr 2000 regelmäßig weniger Kinder früh eingeschult und seit 2005 immer häufiger Kinder vom Schulbeginn zurück gestellt werden als im niedersächsischen Landesdurchschnitt. Zugleich hat sich der Sprachförderbedarf bei Kindern kontinuierlich erhöht. Vom Einschulungsjahr 2010 zum Jahr 2011 etwa ist die Zahl der Kinder im Kreisgebiet, die eine Sprachförderung benötigten und erhielten von 17 auf 18,6 Prozent gestiegen. Der Auftrag an die Kommunen ist deutlich: Sie müssen dafür sorgen, dass Kinder frühzeitig die deutsche Sprache erlernen und anzuwenden wissen, da die Sprachkompetenz, wie mehrfach in Studien nachgewiesen, essenziell für die spätere Schul- und Berufskarriere und damit auch für eine Teilhabe an der Gesellschaft ist.

Die steigenden gesellschaftlichen Anforderungen, mit denen sich die Schulen und Kindertagesstätten konfrontiert sehen, sind aber nicht die einzigen Herausforderungen im Bildungsbereich. Die Schulen werden sich aufgrund der Auswirkungen des Geburtenrückgangs weiterhin auf einen nochmals deutlichen Schülerzahleneinbruch einstellen müssen.

In den Jahren 2000 bis 2011 sank in den Grundschulen die Schülerzahl von 9810 um mehr als 16 Prozent auf 8061. Dieser Trend werde sich, leicht abgeschwächt, fortsetzen. Die Folge wird laut Bildungsbericht sein, dass mehrere Schulen im Kreis Stade in der näheren Zukunft von Standortschließungen betroffen sein werden. Balje, Oederquart und Haddorf werden als bedrohte Standorte genannt.

Die allgemeinbildenden Schulen im Kreis Stade werden bis zum Schuljahr 2015/2016, so die Prognosen, einen weiteren Rückgang der Schülerzahlen erfahren, jedoch gegenüber den Entwicklungen zwischen 2000 und 2011 in stark abgeschwächter Form. Für 2016 bis 2021 werde sich die Zahl der Neueintritte in die Grundschulen bei rund 1750 Schülern pro Schuljahr einpendeln. Diese Entwicklung werde den Druck aber nicht von den Schulen nehmen. Es wird laut der Untersuchung zu einem noch stärkeren Wettbewerb der Schulen und ihrer Träger um Schüler kommen. Der Landkreis hat es hier aber nicht mit einem besonderen Phänomen zu tun. "Dies gilt nicht nur innerhalb des Landkreises, sondern auch über die Kreisgrenzen hinweg", heißt es in dem Bericht..

Verbesserungspotenzial gibt es auch bei der Förderung von Migrantenkindern im Schulalltag. Ihr Anteil an den Hauptschulen liegt derzeit bei 7,7 Prozent und ist damit doppelt so hoch wie an den Realschulen, wo 3,5 Prozent der Schüler einen Migrationshintergrund haben. Der an den Hauptschulen ermittelte Wert ist sogar fast viermal so hoch wie an den Gymnasien. Dort haben lediglich zwei Prozent aller Schüler einen Migrationshintergrund.