Beim Neujahrsempfang der MIT kritisierte Bundesmittelstandsvertreter Josef Schlarmann am Freitag in Buxtehude die Eurokrisenpolitik.

Buxtehude. Josef Schlarmann (CDU) ist bekannt dafür, Unangenehmes zu sagen. Auch beim Neujahrsempfang der Mittelstandsvereinigung MIT in Buxtehude nahm der Bundesvorsitzende der MIT kein Blatt vor den Mund. Er übte am Freitagabend deutlich Kritik am Krisenmanagement in der sogenannten Eurokrise und am derzeitigen Verhältnis von Staat und Wirtschaft.

"Das Verhältnis der Wirtschaft zur Politik ist ein überaus kritisches", sagte der Jurist und Volkswirt vor etwa 300 geladenen Gästen im Autohaus Stadac, darunter Vertreter aus Landtag und Bundestag. Gerade in Zeiten von Wirtschaftskrisen würde die Lösungskompetenz bei der Politik gesucht. Diese sei aber seit geraumer Zeit nicht in der Lage, echte Lösungen zu bieten.

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Stattdessen würden mehr Richtlinien erstellt, die den Markt regulieren sollten und den Mittelstand seiner unternehmerischen Freiheiten beraubten. Damit, so der 72-Jährige, werde die Marktwirtschaft ausgehebelt. "Markt und Politik existieren daher nicht mehr partnerschaftlich nebeneinander", urteilte er. Die Politik sehe sich als übergeordnete Instanz, derem Willen sich der Markt unterzuordnen habe. Das Primat der Politik zerstöre bis dato funktionierende Märkte.

Doch gerade in Deutschland verfüge die Wirtschaft über einen starken Mittelstand und produzierende Industrie. Deshalb sei sie zumindest so stark, dass sie von politischem Fehlverhalten und äußeren Krisen nicht stärker beeinträchtigt werde, als dies in der jüngsten Krise geschehen ist. Die Eurokrise, die eigentlich eine Schuldenkrise der südeuropäischen Länder sei, so Schlarmann, habe in Deutschland wegen der Stärke des Mittelstandes und auch wegen eines funktionierenden Sparkassen- und Genossenschaftsbankensystems nur moderate Ausmaße erreicht.

Auch die Gewerkschaften haben aus seiner Sicht entscheidenden Anteil daran, dass Deutschland nach dem Krisentief 2009 wirtschaftlich wieder außerordentlich gut in Europa dastehe. "Die Gewerkschaften haben eine sehr moderate Lohnpolitik betrieben, das hat das Land gestärkt", so der MIT-Bundesvorsitzende. Mit ihnen bestehe in Deutschland eine soziale Partnerschaft zwischen Unternehmern und Arbeitnehmern, die eine vertrauensvolle Basis für weiteres Wachstum schaffe.

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Früher habe er dies anders gesehen, sagte Schlarmann, doch er habe erkannt, dass er sich hinsichtlich der Bedeutung und Notwendigkeit der Gewerkschaften geirrt habe. "Die Firmen verstehen dank der Gewerkschaften die Wünsche und Bedürfnisse der Arbeitnehmer, ebenso gewinnen die Gewerkschaften und die Arbeitnehmer eine Einsicht in die Lage des Konzerns und damit ein Verständnis für die notwendigen Maßnahmen, um Betriebe stabil zu halten", so Schlarmann.

Deutschland stehe daher gut in Europa da. Es müsse aber hart daran gearbeitet werden, dass die gute Ausgangslage nicht verspielt werde. Deutliche Kritik äußerte der Jurist dabei in Richtung der Bundeskanzlerin. Dass Angela Merkel verkünde, Europa werde fallen, wenn der Euro scheitere, sei grundlegend falsch. "Es gab auch vor dem Euro ein Europa und es würde auch nach dem Euro ein Europa geben", sagte Schlarmann. Europa habe mit dem Begriff der Freiheit zu tun und nicht mit einem monetären Begriff.

Die Währung sei nicht notwendig, um die Märkte und Handelsbeziehungen innerhalb und zwischen den Ländern aufrecht zu erhalten. Staaten wie Griechenland müssten daher auch die Option erhalten, für eine Zeit aus der Eurozone auszutreten, ihre Finanzen zu regeln und später wieder eintreten zu dürfen, sofern die Stabilitätskriterien erfüllt werden.

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An der Einhaltung des Stabilitätspaktes habe es in den vergangenen Jahren ohnehin ständig gemangelt. 60 Mal sei der Pakt seit der Einführung des Euro gebrochen worden. Deutschland und Frankreich seien mit unrühmlichen Vorbild vorangeschritten, hätten sich nicht um die Stabilitätskriterien gekümmert und zugleich Sanktionen gegen sie verhindert. "Damit wurde der Pakt begraben. Alle Länder wussten nun, dass sie nichts befürchten müssen, wenn sie sich nicht an die ausgehandelten Kriterien halten", meinte Schlarmann. Es sei ein Wirtschaftswachstum auf Pump aufgebaut worden, für das es keinen realen Gegenwert gebe, sodass die Schulden nie auch nur annähernd zurückgezahlt werden könnten. Dieses von Deutschland und Frankreich losgetretene unverantwortliche Handeln sei einer der wesentlichen Gründe, weshalb sich die Europäische Union derzeit in einer Schuldenfalle befinde.

Dass nun linke Parteien eine europäische Solidarität fordern, um die Krise zu bewältigen, bezeichnete Schlarmann als den falschen Weg. Falsch sei es auch, dass sich die CDU noch nicht von solchen Gedankenspielen und auch von den geplanten Eurobonds offiziell distanziert habe. "Das geht nicht. Wir können nicht die Fehler der anderen dauerhaft bezahlen, auch nicht über Eurobonds, die eine Einladung sind, weiter den Schludrian regieren zu lassen. Die Länder sind zunächst einmal für sich selbst verantwortlich, das muss auch so bleiben", sagte Schlarmann. Eurobonds würden, sollten sie kommen, die deutsche Wirtschaft und den gesamten Staat in den Abwärtsstrudel reißen.