Katholische Gläubige aus der Region reagieren auf den Missbrauchskandal. Die höchste Zahl der Kirchenaustritte gibt es in Buxtehude, dort haben seit Januar 40 Menschen der Kirche den Rücken gekehrt

Stade/Buxtehude. - Der Missbrauchskandal in der katholischen Kirche ist in den Pfarrgemeinden in den Landkreisen Stade, Harburg und Lüneburg nicht ohne Folgen geblieben. Einige Gläubige haben ihre Mitgliedschaft aufgekündigt.

Allerdings halten die meisten Menschen der Kirche weiterhin die Treue. Die Zahl der Kirchenaustritte ist also nicht massiv angestiegen, sondern eher moderat geblieben.

Die höchste Zahl der Kirchenaustritte gab es bislang in Buxtehude. Insgesamt zählt die Pfarrgemeinde, die die Ortschaften Jork, Buxtehude, Apensen, Horneburg, Nottensdorf und Neuenkirchen bei Guderhandviertel umfasst, rund 4800 Mitglieder. Im ersten Halbjahr 2009 haben zwischen 20 und 25 Personen der Pfarrgemeinde den Rücken gekehrt. Dieses Jahr hat sich die Zahl der Austritte von Januar bis Mai auf 40 erhöht. Bei Dechant Johannes Pawellek schrillen deshalb aber nicht die Alarmglocken. "Ich bin froh, dass es sich noch im Rahmen bewegt."

Einige Gläubige haben dem Pfarrer Briefe geschrieben

Auch in Stade zogen einige Mitglieder ihre Konsequenzen aus den sexuellen Übergriffen von Priestern an Minderjährige. Bis Ende Mai traten 32 Gläubige aus der katholischen Heilig-Geist-Gemeinde aus.

Im vergangenen Jahr gab es von Januar bis Oktober insgesamt 56 Kirchenaustritte in der Gemeinde. Allerdings weiß Pfarrer Matthias Kaleth explizit nur von zwei Personen, die ihren Austritt aus der 6000 Mitglieder starken Gemeinde mit den sexuellen Missbräuchen begründen. Denn diese Menschen machten sich die Mühe und schrieben dem Pfarrer Briefe, in denen sie sich über die Skandale beklagten.

Sonst gibt das Standesamt lediglich weiter, wer sich von der Kirche getrennt hat. "Es kann gut sein, dass die Mehrzahl der Leute aus finanziellen Gründen ausgetreten ist", sagt Kaleth. Das seien in den Jahren zuvor auch die Hauptbeweggründe für den Rückzug aus der Kirche gewesen.

Dennoch haben die Misshandlungen der pädophilen Geistlichen viele Kirchenmitglieder beschäftigt und stark getroffen. Das hat der Pfarrer während der ungewöhnlich gut besuchten Pfarrversammlung Anfang März bemerkt. Doppelt so viele Menschen - rund 50 Gläubige - nahmen an der Versammlung teil, in der die Missbrauchsvorfälle auch zur Sprache kamen. "Es gibt eine gewisse Sorge, welches Bild die katholische Kirche in der Öffentlichkeit bietet", sagt Kaleth. Diese Sorgen können die Kirchenmitglieder im Gespräch mit den Geistlichen, zum Beispiel im Kirchencafé, das nach dem Gottesdienst stattfindet, loswerden. Das war es dann aber auch schon.

Auch in der katholischen Kirchengemeinde St. Petrus in Buchholz wurde nur "am Rande" über den Missbrauchsskandal gesprochen, wie Pfarrer Eberhard Laufköter sagt. "Solche Gespräche ergaben sich nicht", so der Geistliche. "Ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich da etwas übersehen habe." Er verweist auf den zuständigen Bischof Norbert Trelle vom Bistum Hildesheim, der die Kirchenmitglieder angeschrieben und die Opfer darum gebeten hat, sich zu melden.

Damit ist die Diskussion für Laufköter beendet: "Als Wald- und Wiesenpfarrer muss ich nicht auch noch etwas Kluges sagen, wenn andere das schon getan haben."

Die katholische Kirche in Lüneburg hingegen nimmt das schwindende Vertrauen in die katholische Kirche ernst und hat deshalb ein monatliches Freitagsgebet eingeführt.

Etwa jeder Zehnte tritt wegen des Missbrauchsskandal aus

Doch nicht nur der Missbrauchsskandal, sondern auch das Ende der ökumenischen Osternacht in St. Stephanus gab den Ausschlag dafür. Bischof Norbert Trelle hatte im März entschieden, dass katholische und protestantische Gläubige nicht mehr gemeinsam ihr Abendmahl entgegen nehmen sollten.

Damit zog Trelle einen Schlussstrich unter eine 35-jährigen Tradition. So lange hatten Protestanten und Katholiken im Stadtteil Kaltenmoor in Lüneburg den Ostergottesdienst gemeinsam gefeiert. Die Empörung und das Bedauern über diese Nachricht sei in beiden Glaubensgemeinden sehr groß, sagt Pfarrer Carsten Menges. Die Entscheidung des Bischofs habe den Missbrauchskandal deutlich überlagert. Die Zahl der Kirchenaustritte blieb auf etwa gleichem Niveau.

Rund 100 Personen der insgesamt 12 000 Mitglieder wollen nichts mehr mit der Pfarrgemeinde St. Marien zu tun haben. Das seien in etwa so viele wie im Vorjahr. Pfarrer Carsten Menges schätzt indes, dass etwa zehn Prozent der Abkehrenden wegen des Missbrauchskandals nicht mehr in der katholischen Kirche sein wollen.