Beratungsstelle Pro Familia verzeichnet einen steigenden Hilfsbedarf bei den jungen Frauen

Stade. Einen deutlichen Anstieg bei der rechtlichen und sozialrechtlichen Beratung von Schwangeren verzeichnete die Beratungsstelle Pro Familia im Jahr 2009. Das ist das Ergebnis des jetzt vorgelegten Jahresberichts der Deutschen Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung im Kreis Stade.

Im Jahr 2008 verzeichnete die Beratungsstelle 884 Fälle dieser Art, im vergangenen Jahr stieg die Zahl auf 1113 Fälle. Zum Vergleich: Die Gesamtberatungszahl lag im Jahr 2008 bei 1307 und im Jahr 2009 bei 1539 Fällen. Hintergrund des Anstiegs bei der rechtlichen Beratung sei eine zunehmende Verwirrung von Schwangeren. So tauchten beispielsweise bei der Beantragung von Fördergeld immer häufiger Fragen auf. Die komplexen sozialrechtlichen Veränderungen, angefangen beim Arbeitslosengeld II über Elterngeld bis zum Unterhaltsrecht, würden die Menschen verunsichern.

Entgegen des bundes- und landesweiten Trends sinkender Zahlen bei Schwangerschaftsabbrüchen ist die Anzahl der Schwangerschaftskonfliktberatungen bei Pro Familia in Stade ungebrochen hoch. Im vergangenen Jahr wurden 224 derartiger Fälle verzeichnet. Allgemeingültige Angaben für den Landkreis können hieraus aber nicht gezogen werden, denn neben der Pro Familia gibt es auch andere Beratungsstellen in der Region.

Die Gründe für Schwangerschaftsabbrüche haben sich nicht verändert. Viele Frauen erwägen einen Abbruch der Schwangerschaft, da sie eine mangelnde berufliche Sicherheit fürchten. Der Trend, dass sich Frauen zunehmend zuerst um eine berufliche und finanzielle Unabhängigkeit kümmern und erst dann dem Kinderwunsch nachgehen, setzt sich damit fort.

Bei der sexualpädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen habe sich in den vergangenen Jahren eine gravierende Veränderung abgezeichnet. Das Internet und das Nachtprogramm einiger Privatfernsehsender und anderer neuer Medien seien hier besonders hervorzuheben. Im Bereich der Pornografie würden Kinder und Jugendliche oft mit Bildern und Eindrücken konfrontiert, die sie nicht einordnen können. Die Folge könne eine Verunsicherung der heranwachsenden sein, die eine selbstbestimmte sexuelle Entwicklung möglicherweise erschwert.

Es sei auch festzustellen, dass die Trends immer mehr von den Medien gemacht würden. Sexuelle Varianten wie Transsexualität und Homosexualität würden beispielsweise zunehmend in Vorabendserien thematisiert. Damit können im Optimalfall Tabus gebrochen werden und eine Auseinandersetzung mit Klischees erfolgen.

Auch in der Sexual- und Partnerschaftsberatung spielen die neuen Medien nach den Beobachtungen von Pro Familia eine besondere Rolle. Anders als vor 20 Jahren gehe von ihnen inzwischen ein enormer Einfluss auf die Dynamik und die Gestaltung der Partnerbeziehungen aus. So würden beispielsweise Internetchats für Absprachen für Flirts und außerpartnerschaftlichen Sex genutzt und der heimische PC für den Konsum pornografischer Inhalte. Vor allem die Pornografie werde dabei von vielen Partnern als Kränkung und mögliche Bedrohung der Partnerschaft empfunden.