Der Künstler Christian Ahrens lebt seit 14 Jahren auf der Elbhalbinsel. Vorher bereiste er die Welt und wurde einmal fast von einem Fürsten adoptiert

Krautsand. Er war mit Sophia Loren, Sylvester Stallone und dem Fürsten von Thurn und Taxis per Du, schuf sich auf der Elbinsel Krautsand gleich zweimal sein Traumhaus und hatte als Glücksbringer einen riesigen Penis aus Holz vor der Tür stehen, der inzwischen irgendwo im Garten verrottet, weil "meine Mutter den nicht mochte". Wer ist der geheimnisvolle Mann mit dem Rauschebart, der laut Personalausweis Christian Ahrens heißt, aber eher unter seinem Künstlernamen "Chris Cosmo" bekannt ist?

Zumindest sein Alter lässt sich Ahrens nicht entlocken. Die Angabe "Näher an 70 als an 65" lässt Raum für Spekulationen. Allerdings sind Altersangaben relativ. Denn was Cosmo in diesen Jahren erlebt hat, würde normalerweise mehrere Lebensspannen ausfüllen. Doch "normal" ist Ahrens gewiss nicht, will es auch nicht sein.

Der mehrfach begabte Künstler kam mit vier Jahren zum ersten Mal auf die Kehdinger Ferieninsel, die zwischen Wischhafen und Drochtersen gegenüber von Glückstadt, im Elbstrom liegt. Damals gab es den Deich noch nicht und eine Allee aus uralten Bäumen führte vom Schiffsanleger zu Buhrfeinds Gartenlokal. An diesen Anblick sollte er sich jahrzehntelang erinnern, zurück nach Krautsand kam er erst im Jahr 1996. Damals schuf er sich aus einem alten Bauernanwesen sein erstes Traumhaus, das kurz darauf bis auf die Grundmauern niederbrannte. Ein Kurzschluss im Kühlschrank hatte das Feuer ausgelöst. Ahrens gab nicht auf und fing noch mal von vorn an. Diesmal nahm er Stahl und Glas und schuf sein zweites Domizil auf der Elbinsel, das er bis heute bewohnt. "Ich habe alles selbst entworfen, so ein Haus gibt es kein zweites Mal auf der Welt".

Cosmo reiste durch die Welt, war in Marokko, Kalifornien und Südfrankreich

In den Jahrzehnten zuvor hat Ahrens die Welt bereist. Er war in Marokko, Kalifornien und Südfrankreich. Dem eloquenten Kreativen stand der Sinn nie nach Begrenztheit. So war auch die Hippie-Zeit in den 60-ern "meine beste Zeit, die Zeit der freien Liebe. Damals gab es ja noch kein Aids". An der Cote d'Azur war der junge Christian, wie er sich heute erinnert, der Hahn im Korb. "Ich sah supertoll aus und sprach fließend fünf Sprachen. Ich wurde zu allen Partys eingeladen, war der Sonnenschein." In seiner Erinnerung waren die Menschen damals "dem Glück so nahe."

Dabei konnte er mit seinen Gastgebern nicht mithalten, was Sparkonten und andere Vermögenswerte betraf. Schon als Kind in Hamburg sah er seine Mitschüler in wuchtigen BMW-Limousinen und Mercedes-Sportwagen - natürlich mit eigenem Chauffeur - vor der Schule halten, während er selbst mit seiner Mutter in einer kleinen Wohnung in Altona lebte.

Den Umgang mit den Schönen und Reichen hat Ahrens früh gelernt

Doch den Umgang mit den Reichen und Schönen mag er damals schon gelernt haben, jedenfalls fühlte er sich später in ihrer Nähe wohl. In einem Film mit Sophia Loren übernahm er eine kleine Rolle, mit Sylvester Stallone nahm er in Kalifornien an einem Sandburgen-Wettbewerb teil und der Fürst von Thurn und Taxis soll sogar den Wunsch gehabt haben, ihn zu adoptieren, sagt Ahrens. Doch dieses Ansinnen lehnte er ab. "Ich wollte meine Freiheit behalten und nicht in einem goldenen Käfig leben".

So tourte er im Wohnmobil durch Nordafrika, malte Bilder und schuf Skulpturen. Später betätigte er sich als Schauspieler, war im ZDF in der Rolle des Erfinders der bronzezeitlichen Himmelsscheibe von Nebra zu sehen und übernahm Aufträge als Sprecher. Doch das bunte Leben hatte immer wieder auch dunkle Seiten. Eine Augenoperation stoppte die Karriere als Maler und Bildhauer und eine Krebserkrankung kostete Christian Ahrens fast die Stimme. "Ich wurde zweimal an der Zunge operiert, schwebte wochenlang zwischen Leben und Tod", erzählt der Künstler.

Eine Krebserkrankung kostete den Künstler fast die Stimme

Als Sprecher oder Schauspieler kann er heute nicht mehr arbeiten. "Dafür male ich mit Worten". Christian Ahrens hat den ersten Teil seiner bunten Lebensgeschichte unter dem Titel "Chris Cosmo I" veröffentlicht. Bisher verkauft sich das Buch eher zurückhaltend, dennoch sollen auch die Teile II und III, die schon in Arbeit sind, bald auf den Markt kommen.

Ein wesentliches Kapitel seiner reiferen Jahre ist die Pflege seiner Mutter, der die Ärzte nach einem Schlaganfall "keine Chance gaben". Ahrens holte sie nach Krautsand, verbrachte im Sommer jeden Tag mit ihr am Strand und freute sich, dass es seiner Mutter bald wieder besser ging - 94 Jahre wurde die alte Dame.

Dabei halfen, da ist Christian Ahrens sicher, auch die vielen Spaziergänge auf seinem 1,3 Hektar großen Grundstück, zwischen wildem Reet, alten Obstbäumen und blühendem Flieder. Im Teich leben Enten, Karpfen und Frösche, die - wenn sie lauthals quaken - "nur von der Liebe sprechen", wie der Künstler sagt. Zwischendurch springt ein Reh über die Wiese, Hermelin und Dachs fühlen sich ebenfalls auf dem Grundstück wohl.

Der vielleicht extravaganteste Krautsander hat auch immer wieder gern provoziert. So ging er in Pyjamajacke und rotem Seidenhemd zur Hochzeit seines Großneffen und legte sich als HipHop-tanzender Rollschuhläufer auf dem Krautsander Elbdeich schon mal mit Autofahrern an, um die Frage zu klären, wer auf dem Deichübergang denn Vorfahrt habe.

Jetzt denkt Ahrens darüber nach, wieder auszuwandern

Beim Hutwettbewerb anlässlich des Krantsander Pferderennens hat Chris Cosmo auch schon mitgewirkt. So manch einer erbosten Dame stahl er die Schau. Ein wenig angeeckt ist er bei manchen Insulanern auch mit dem riesigen hölzernen Penis, den der Künstler geschnitzt und vor seine Holztür gestellt hatte. Das erste Modell, das vor bösen Geistern schützen sollte, maß stolze zweieinhalb Meter und verbrannte zusammen mit dem alten Bauernhaus. Die zweite Version war schon deutlich kleiner, aber immer noch weit über Lebensgröße. Er musste schließlich weichen und verrottet jetzt im Garten, weil er Ahrens' Mutter nicht gefiel.

Trotz all der schönen und intensiven Erfahrungen auf Krautsand denkt "Chris Cosmo" über seinen Abschied vom selbst gewählten Inselparadies nach. Er will alles verkaufen und sich - fernab aller materieller Dinge und nur mit einem Koffer - auf den Weg machen. Zurück an die Cote d' Azur soll es gehen, und auch nach L. A. möchte Cosmo noch einmal. Dort will er mit seiner Harfe Musik machen und mit den Rollschuhen noch einmal an den Kanälen von Venice entlang flanieren.