Ein Jahr nach dem Unglück: Der Twielenflether Mühlenverein hat Spenden und Zusagen für die Hälfte des Geldes zur Reparatur der Mühle. Wir haben interessante Inneneinsichten in die Mühle für Sie...

Twielenfleth. Sie ist das markanteste Wahrzeichen von Twielenfleth und eine bautechnische Meisterleistung aus dem Jahr 1848: Die "Venti Amica" (Freundin des Windes) - eine der wenigen noch voll im Einsatz stehenden Windmühlen des Typs "Galerie-Holländer" in Norddeutschland, die man daran erkennt, dass sie außen eine begehbare Galerie haben. Ihr Besitzer, Müller Hein Noodt, betreibt die historische Mühle in fünfter Generation. Er nutzt die Windkraft für den Mahlbetrieb, bei Flaute ersetzen Elektromotoren das Flügelrad. Durch den Bruch eines Flügels wurde das historische Schmuckstück im vergangenen Jahr schwer beschädigt.

Am 29. Mai 2009gab es während des Mahlbetriebes mit Windkraft eine gewaltige Erschütterung. "Die ganze Mühle hat gewackelt", erinnert sich der Müller. "Das war ein fürchterlicher Schreck. Ich bin sofort nach draußen und sah das ganze Ausmaß des Unglücks. Einer der vier Flügel war abgebrochen und hatte sich in einem anderen verkeilt." Durch diese extremen Kräfte ist die historische Technik im Inneren des Galerie-Holländers schwer beschädigt worden. Noodt befürchtete das Ende der Mühle, denn für ihn allein wäre es unmöglich, den enormen Schaden zu beheben.

"Nach aktuellem Stand gehen wir von 120.000 Euro Reparaturkosten aus" sagt Kai Schulz, stellvertretender Gemeindedirektor von Hollern-Twielenfleth. Doch der Müller bekam von den Twielenflethern nicht nur Mut zugesprochen, sondern auch Hilfe angeboten. Das Schmuckstück gehöre zum Ortsbild, so die Meinung vieler Bürger.

Die Twielenflether machten sich mit beispielhaftem Engagement stark, um gemeinsam mit dem Müller die Reparatur zu bewältigen. Ein gewaltiges Unterfangen, denn der Mühlenkopf muss abgenommen werden, damit geprüft werden kann, wie stark die Technik gelitten hat. Zudem müssen Flügelruten und Getriebe erneuert werden.

Besonders Werner Köpke und Friedrich-Wilhelm Bork engagierten sich, um für die Reparatur der Mühle Mitstreiter zu finden. Gemeinsam mit Twielenfleths Bürgermeister Jürgen Meyer und Kai Schulz, gründeten sie den Verein "Venti Amica", um die Rettung der Mühle auf solide Beine zu stellen. Das war im September 2009.

Inzwischen trägt das Bürgerengagement Früchte. "Wir sind jetzt 60 Vereinsmitglieder und haben derzeit rund 60 000 Euro zusammen", sagt Kai Schulz, Vorsitzender des Mühlen-Vereins. "Das ist etwa die Hälfte der Kosten - und wir machen natürlich weiter."

Das ist in jedem Falle lohnenswert, denn die "Freundin des Windes" hat besondere historische technische Details, die unbedingt wieder funktionieren sollen. Bestimmte Funktionen sind aber noch im Einsatz. In Betrieb sind unter anderem zwei Mahlgänge, eine Hammermühle, Elevatoren, eine Kegelschnecken-Mischmaschine, einen Kornschneider sowie Reinigungstechnik und Elevatoren, die Hein Noodt Besuchern bei Führungen fachmännisch und gut verständlich erklärt.

"Inzwischen haben Privatunternehmen aus dem gesamten Elbe-Weser-Dreieck Spendenzusagen gegeben, die Anträge an die EU für Geld aus dem Kulturerbe-Fond sind gestellt", erklärt Schulz den aktuellen Stand. "Auch 20.000 Euro aus Mitteln zur Denkmalpflege stehen in Aussicht, nachdem sich der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Lutz Stratmann, vor Ort die "Freundin des Windes" angesehen hat. Zudem freuen wir uns auch über die Zusage des Landkreises Stade, 12 000 Euro beizusteuern", sagt Schulz. Allerdings stehen die Bewilligungsbescheide noch aus.

Am Mittwoch, 7. April, lädt der Mühlenverein Venti Amica zur Diaschau "Blütensinfonie" mit Bildern aus dem Alten Land. Dazu singt der Altländer Shanty-Chor. Die Benefizveranstaltung zugunsten der Venti Amica findet um 19.30 Uhr im Hollerner Hof (Hollernstraße 91) statt.