Der Internet-Konzern soll mindestens 20.000 Euro für sein “Streetview“-Projekt zahlen. Andere Kommunen in der Region wollen jetzt nachziehen.

Stade/Buxtehude. Ratsherr Norbert Groß (CDU) ist zufrieden. Der Stader Ausschuss für Feuerwehr, Sicherheit und Ordnung, der sich sonst meist mit Themen beschäftigt, die außerhalb der Stadtgrenzen kaum noch jemanden interessieren, hat ein bemerkenswertes Zeichen gesetzt: Google soll für sein Streetview-Projekt Geld an die Stadt Stade zahlen, vermutlich 20 Euro pro Kilometer. Der Antrag, der von der CDU/WG/FDP-Gruppe eingereicht wurde, traf auch bei der SPD und bei den Grünen auf Zustimmung. Beide Parteien wollen aber noch intern über die Details der Verordnung beraten. "Auch die Stadtverwaltung will jetzt weitere Informationen einholen, um abzuklären, wie alles gehandhabt werden soll", sagt Groß.

Die Stadt Stade könnte bald Nachahmer finden. Horneburgs Samtgemeindebürgermeister Gerhard Froelian erklärte gegenüber dem Abendblatt, dass er sich eine ähnliche Regelung auch für seine Kommune vorstellen könnte. "Wir würden dann aber statt 20 000 Euro, wie in Stade, nur ungefähr 5000 Euro an Mehreinnahmen haben", sagt Froelian. Dass eine Stadt oder Gemeinde ihre Straßen nicht unentgeltlich für Werbezwecke zur Verfügung stellen möchte, kann der Verwaltungschef nachvollziehen. "Wenn jemand mit uns Geld verdienen will, sollten auch wir etwas davon haben", sagt Froelian.

Auch Buxtehudes Bürgermeister Jürgen Badur spielt mit dem Gedanken, das Stader Vorhaben zu adaptieren. "Ich beobachte diese Entwicklung in Stade mit großem Interesse", sagt Badur. Der Plan werde, wenn überhaupt, sicher nicht identisch übernommen. Aber der Gedanke, es ähnlich zu handhaben, sei ihm bereits gekommen. "Wir müssten natürlich zunächst prüfen, was rechtlich sinnvoll und umsetzbar ist", sagt Badur. Persönlich hege er jedenfalls Sympathie und habe volles Verständnis für das Vorgehen der Stader Politik.

Apensens Bürgermeister Peter Sommer hat weniger Vorbehalte gegen das Google-Projekt, das in der Samtgemeinde auch noch kein Thema sei. "Die Straßenzüge kann sich jeder Bürger auch so anschauen", sagt er. Wenn Bürger Bedenken äußern würden, werde sich die Gemeinde dieses Themas aber annehmen, erklärte er.

So wie Apensen haben sich mehrere Gemeinden noch nicht mit dem Vorhaben von Google auseinandergesetzt. Die Samtgemeinde Harsefeld und auch Jork hatten das Google-Projekt - wenn überhaupt - bisher eher nebenbei behandelt. Die Digitalisierung ganzer Straßenzüge wird erst jetzt, wo immer mehr Details bekannt geworden sind und immer mehr Bedenken selbst von den Bundesministerien geäußert wurden, allmählich zum Thema für die Gemeinden. Bei der Auseinandersetzung mit dem Für und Wider von Streetview gilt es für die Politiker, mehrere Aspekte zu klären. So bedürfe es noch der individuellen Klärung, ob Einrichtungen wie Kindergärten oder Schulen fotografiert werden dürfen. Datenschützer sehen dieses kritisch. Mehrere Städte in Süddeutschland haben hiergegen bereits Widerspruch erhoben.

Generell müssen die Kommunen und Städte, so Froelian, die Vorteile und Nachteile des Projektes genau abwägen, denn neben dem Aspekt, mit Google ein paar zusätzliche Euro zu verdienen könnte den Gemeinden trotz der Datenschutzproblematik auch ein touristischer Nutzen entstehen. Bürger könnten sich im Vorfeld über die schönsten Ecken einer Stadt informieren und ihre Reisen besser planen. Auch Bürger die umziehen wollen, könnten sich im Vorfeld ein Bild von dem möglichen neuen Zuhause machen.

Demgegenüber stehen die Nachteile. Das wäre zunächst einmal, dass kriminelle das Projekt nutzen könnten, um Einbrüche besser zu planen. Google-Streetview könnte Dieben Auskünfte über Zäune, Metallgitter und geparkte Autos, wie Luxuskarossen, zugänglich machen. Der wichtigste Aspekt ist aber nach wie vor die drohende Aufhebung der Persönlichkeitsrechte. Zwar hat Google gegenüber dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten bereits zugesagt, dass eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt werden, bevor die digitalisierten Bilder in Deutschland veröffentlicht werden. So sollen Köpfe von Menschen und Nummernschilder gepixelt werden, um sie unkenntlich zu machen. Diese Zusagen technisch umzusetzen sei, so Google, technisch aufwendig, so dass das Unternehmen einen genauen Starttermin für Streetview in Deutschland noch nicht festlegen kann. Doch selbst wenn die Köpfe und Nummernschilder gepixelt werden, gibt es genügend andere Aspekte, die einen Rückschluss auf Personen zulassen - und damit auch möglicherweise für eine Straftat, wie simples Falschparken. Der lustige Aufkleber am Auto kann dann zum verräterischen Merkmal werden.

Die Frage, wieviel Privatsphäre heutzutage nötig ist und wie sie geschützt werden kann, wird die Gemeinden im Landkreis Stade also noch lange beschäftigen.