Elbe-Klinikum Stade beschäftigt vier Medizinerinnen, die Kopftücher tragen. Andere Arbeitgeber lehnen dies strikt ab.

Buxtehude/Stade. Die Debatte um muslimische Frauen, die Kopftuch tragen, geht weiter: Vor drei Tagen hatte in Stade eine rege öffentliche Diskussion zu diesem Thema stattgefunden. Die türkischstämmige Autorin Emel Zeynelabidin referierte, welche Gründe es für das Tragen der Kopfbedeckung gibt und welche Identitätspolitik die Muslimen in Deutschland mit dem Kopftuch betreiben. Sie hat sich nach 30 Jahren des Lebens in der Verhüllung von ihrem Kopftuch getrennt. Sie referierte unter der Überschrift "Was hat Allah eigentlich gegen Damenfrisuren?" im "Bistro im Stadtteilhaus" in Stade.

Das Abendblatt hatte die Debatte über die Verhüllung bereits frühzeitig aufgegriffen. Nachdem sich muslimische Frauen aus der Region öffentlich dazu äußerten, warum sie eine Kopfbedeckung tragen, fragte das Abendblatt nun auch Unternehmen aus dem Landkreis Stade, ob es muslimischen Frauen erlaubt sein soll, ihre Berufe mit Kopfbedeckung ausüben zu können. Ergebnis: Für einige Arbeitgeber ist es tabu, muslimische Frauen mit Kopftuch einzustellen. Andere Unternehmer verweisen auf die Religionsfreiheit. Klar ist: Das Berufsfeld spielt in dieser Frage eine starke Rolle.

Der Stader Friseursalonbesitzer Boris Reinert verweigert es kopftuchtragenden Muslimen rigoros, in seinem Friseursalon zu arbeiten: "Vegetarier können auch nicht beim Fleischer tätig werden. Friseure verkaufen Ideen. Diese Ideen müssen wir mit unserem Auftreten zeigen." Deshalb hat der Friseur einer Auszubildenden türkischer Herkunft die Bitte abgeschlagen, sich verhüllen zu dürfen. In den 20 Jahren seiner Funktion als Salonleiter habe sich lediglich eine junge Erwachsene mit Kopfbedeckung beworben. Auch ihr machte er deutlich, dass sie im Friseurberuf falsch sei. Er geht noch einen Schritt weiter: Für ihn sei das Kopftuch ein optisches Signal, nicht Teil der Gemeinschaft sein zu wollen.

Anders als im Salon "Boris Reinert" gehört es im Elbe-Klinikum Stade zur Firmenpolitik, die Verhüllung von muslimischen Ärztinnen zuzulassen. Vier von 79 weiblichen Medizinern tragen eine Kopfbedeckung. "Das Kopftuch ist für uns kein Einstellungskriterium", sagt Martin Gasselli, Betriebsleiter des Stader Elbe-Klinikums. "Die Patienten haben sich auch nie über kopftuchtragende Medizinerinnen beschwert." Auch das Deutsche Rote Kreuz lässt die Verhüllung zu. Allerdings arbeiten laut Uwe Lütjen, stellvertretender Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes Stade, lediglich etwa vier Frauen von insgesamt 1200 Beschäftigten beim DRK Stade mit Kopfbedeckung.

Während Jobs in Friseursalons und im Gesundheitsbereich bei den muslimischen Frauen offenbar beliebt sind, sind Bewerbungen verhüllter Frauen im Lebensmittelhandel sowie in Mode- und Möbelhausgeschäften rar gesät. Weder beim Buxtehuder Supermarkt "Marktkauf" noch beim Modehaus Brokelmann in Stade oder beim Möbelhaus Mohr in Dollern habe sich jemals eine muslimische Frau mit Kopftuch für eine Stelle interessiert.

Ähnlich verhält es sich in den Stadtverwaltungen. Stades Erster Stadtrat Dirk Kraska hat noch keine Bewerbung verhüllter Frauen auf den Tisch bekommen. Kraska ist der Meinung, dass es keine Sonderregelungen bei der Einstellung für solche Frauen geben solle. Schließlich sei die Religionsfreiheit im Grundgesetz verankert.

Bei der Stadt Buxtehude arbeiteten zwei Raumpfleger von insgesamt rund 15 Mitarbeitern türkischer Herkunft mit Kopfbedeckung. In den sozialpädagogischen Berufen sieht Thorsten Gloede, Leiter des Buxtehuder Personalbüros, Schwierigkeiten bei der Verhüllung. Gloede kann sich vorstellen, dass Eltern ihre Kinder nicht von verhüllten Erziehern betreut wissen wollen.