Die Generatoren sollen höher und moderner werden. Die Anwohner befürchteten jetzt noch mehr Lärm.

Ahlerstedt/Apensen. Helmut Ehlen sitzt in der Ahrensmoorer Schützenhalle, den Blick nachdenklich nach unten gerichtet. Auch seine Mundwinkel zeigen nach unten. Unglaubwürdig sei er, profitorientiert und ignorant. Er breche seine Versprechen. Eine Menge Vorwürfe muss er sich von den Dorfbewohnern anhören. Dabei hatte er nichts Böses im Sinn. Der Betreiber des AWOMO Bürgerwindparks, der zwischen Ahrenswohlde und Wohnste steht, will er einfach nur die in die Jahre gekommene Windkraftanlagen modernisieren.

Re-Powering nennt sich das, was er vorhat. Weniger als bisher, nämlich 23 statt derzeit 33 Türme, sollen gemäß dem Modernisierungsplan, den er den Bürgern in der Schützenhalle vorstellt, in dem Windpark stehen. Gleichzeitig soll die Windausbeute verdoppelt und damit der finanzielle Ertrag kräftig gesteigert werden. Doch der Widerstand der Anwohner gegen Ehlens Pläne ist erheblich.

Woran sich viele Anwohner stören, ist vor allem die Lautstärke von etwa 45 Dezibel. Das ist etwas lauter als ein Flüstern und etwas leiser als Regen. Für gewöhnlich stört sich niemand an 45 Dezibel. Doch für viele Bewohner auf dem Land, wo es nachts zumeist ruhiger ist als in den Städten, ist der Lärm, den die Rotoren der Windräder bei ihrer Arbeit verursachen, angeblich unerträglich. "Das ist, als wenn die ganze Zeit ein Flugzeug über Ihnen kreist", sagt ein Ahrenswohlder. "Wenn Sie die ganze Nacht so ein Geräusch hören, nervt das irgendwann". Ein anderer Bürger aus Wiegersen erklärt, dass er durchaus für Windkraft sei, wohl aber gegen den Lärm, der dabei entsteht. Und dass der Lärm sich weiter ausbreiten wird, das glauben viele Anwohner des Windparks, denn die Anlagen sollen von 65 auf 108 Meter Nabenhöhe anwachsen, der Durchmesser der Rotoren von 44 auf 82 Meter. Größere Rotoren bedeuten mehr Lärm - auch wenn sich die Räder künftig nur halb so schnell drehen werden.

Besuch beim Windpark: Es ist stark windig, die 44 Meter-Rotoren drehen sich kräftig. Von unerträglichem Lärm kann nicht die Rede sein, weder in 1000 Metern Entfernung noch bei weniger als 50 Metern. Über dem Windpark fliegt ein Airbus A 320 hinweg, er ist lauter als das Säuseln der Windräder.

Das Problem: Lärm ist meist eine Sache des persönlichen Empfindens. Der Gesetzgeber versucht, dieses zumutbare Lärmempfinden in Zahlen, in Grenzwerte zu fassen - bisher mit verhaltenem Erfolg.

Die Genehmigungsbehörde schreibt aufgrund von Berechnungen die genauen Sicherheitsabstände der Windanlagen zu den Wohngebieten vor, um Bürger vor Lärm zu schützen. Martin Sprötge, Bauleitplaner für die Gemeinde Ahlerstedt, arbeitet mit diesen gesetzlichen Grenzwerten und versucht immer wieder, die Gemüter zu beruhigen und die Bürger mit Zahlen zu überzeugen: "Die Schallwerte liegen bei diesem Vorhaben deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten, wir haben eine sehr sichere Planung", sagt er. Der Abstand der Generatoren zu den Wohngebieten soll von knapp 800 auf 1000 Meter und mehr ansteigen. Dass das aber etwas bringen wird, daran zweifeln viele Bürger, denn je nach Windrichtung und Windstärke könne der Lärm ihrer Ansicht nach weiter als prognostiziert getragen werden.

"Wenn wir die Schallgrenzen nicht einhalten können, gibt es keine neuen Anlagen.", sagt Ehlen, der lange Zeit mit seinem Vorhaben, höher zu bauen, ausgebremst wurde. Erst seit der Kreis Stade im regionalen Raumordnungsprogramm die Höhenbegrenzung für Windkraftanlagen von 100 Metern gekippt hat, kann er theoretisch höher bauen. Doch die neue unternehmerische Freiheit kann er angesichts des Widerstandes aus der Bevölkerung nicht genießen. Auch anderen werde es so ergehen wie ihm, sagt Ehlen. Mehrere Windparks in der Region planen ein Re-Powering. In Kehdingen und bei Kutenholz, so glaubt Ehlen, werde sich die Lärmdiskussion gebetsmühlenartig wiederholen.

In Apensen dreht sich die Diskussion um Windkraft und Bioenergie bereits seit mehreren Monaten im Kreis. Der dortige Betreiber WKN wollte den Windpark erweitern und konnte wegen der Landkreisverordnung zunächst nicht nach oben wachsen. Als er es dann doch konnte, erhielt er für seine Pläne im Jahr 2009 eine Abfuhr von den Gemeindevertretern. Sie wolle keine weiteren und keine höheren Anlagen, hieß es kurz und knapp. Die Gründe hierfür waren hier die Befeuerungslampen der Windräder sowie die Entfernung von 700 Meter Luftlinie zu den Wohngebieten - und damit Schallbedenken.

Wie es weitergehen wird, ist völlig offen. Die Samtgemeinde Apensen will auf ihrer Ratssitzung am 9. März über ihre generelle Position zur Bioenergie diskutieren. In Harsefeld wird seit Monaten über Biostrom heiß debattiert. Für beide Kommunen geht es dabei um das Abwägen zweier Aspekte. Zum einen ist da die finanzielle Seite. Angesichts der immer prekärer werdenden Haushaltslage ist die Windkraft eine lukrative Einnahmequelle. Zum anderen sind die Politiker Bürgervertreter - und vielen Bürgern gefällt die Windkraft nicht. Egal, wie die Politik über die Pläne entscheidet: Das Ergebnis werden nicht alle begrüßen.