Wissenschaftler warnen vor Extrem-Hochwasser in der Region. Experten plädieren für stärkere Deiche, Überlaufbecken und Amphibienhäuser, die bei Hochwasser schwimmen können.

Buxtehude. Zumindest eine gute Nachricht gab es beim Informationsabend des wissenschaftlichen Projektes "Klimzug-Nord", das über die Folgen des Klimawandels in der Region forscht. "Wir können seit einigen Jahren neue Äpfelsorten im Alten Land anbauen. Eine davon ist der Braeburn", sagte Dr. Roland Weber von der Obstbauversuchsanstalt Jork.

Doch die übrigen Botschaften, die die sieben Wissenschaftler in dem zum Bersten gefüllten Kulturforum am Hafen zu verkünden hatten, waren eher besorgniserregend. Es war die Furcht um die Sicherheit der Deiche, die viele Anwohner aus der Region am Dienstagabend nach Buxtehude hatte anreisen lassen. Und zu Fragen der Küstensicherheit gab es an dem Abend auch schon deutliche Antworten.

"Deiche alleine werden in Zukunft nicht mehr ausreichen. Wir müssen in der Region andere Vorkehrungen gegen die Hochwasser treffen, die uns in Zukunft drohen könnten", sagte Wilfried Schneider, Professor für Wasserbau an der Technischen Universität Harburg. Was darunter zu verstehen ist, zeigte er dem Publikum mithilfe eindrücklicher Grafiken: So bekam das Publikum Häuser auf Stelzen zu sehen sowie sogenannte Amphibienhäuser, die bei einem Hochwasser mithilfe von Luftkissen aufschwimmen. Die Zukunft der Bauweise in der Elbregion, in 50 oder 100 Jahren?

"Wir wollen keine Angst machen. Und wir können die Risiken nach wie vor nicht genau berechnen", betonte der Professor, der als weitere Sicherheitsoptionen auch verstärkte Deiche und Überlaufbecken vorschlug. Sicher sei bei allen Prognosen vor allem : "Hochwasser werden schwieriger kalkulierbar".

Die weitestgehend anerkannten Forschungsergebnissen zum Klimawandel stellte an dem Abend Daniela Jacob vor, Professorin am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. "Das Klima in der Region wird sich in den nächsten 50 Jahren voraussichtlich um 1,5 Grad erwärmen. Bis zum Ende des Jahrhunderts werden es bis zu drei Grad sein", so die Wetterforscherin.

Sie gab auch eine Prognose, wie man sich den Klimawandel vorstellen müsse: "Die Sommer werden voraussichtlich heißer und trockener. Die Winter werden wesentlich niederschlagsreicher." Das heiße allerdings nicht, dass es in Zukunft zwischen Dezember und Februar immer mehr regnen werde. Vielmehr würden sehr schneereiche Winter wie der gerade vergangene, so die Meinung der Professorin, in Zukunft eher zur Regel gehören. Auch Daniela Jacob betonte, dass es sich lediglich um Prognosen handele. Doch eines sei sicher: "Wärmer wird es künftig in jedem Fall."

Dass Folgen des Klimawandels bereits jetzt spürbar und sichtbar sind, erläuterte Roland Weber von der Obstbauversuchsanstalt. "Wir beobachten, dass die Obstbäume etwa drei Wochen früher blühen als noch vor einigen Jahrzehnten", so der Biologe. Dies sei eine Folge der gestiegenen Temperaturen. So sei nicht nur der Apfel "Braeburn" in Jork heimisch geworden, sondern auch Schädlinge wie der Pilz "Schwarze Sommerfäule".

Ähnlich konkret wie die Probleme der Altländer Obstbauern waren auch die Sorgen der Besucher des Informationsabends - viele von ihnen Anwohner aus der Elbmarsch. "Weshalb wird eine Elbvertiefung geplant, wenn noch nicht einmal die Folgen des Klimawandels feststehen?" Diese Frage, die ein Besucher bei der abschließenden Diskussion stellte, sprach offenbar vielen der rund 200 Besuchern aus der Seele. In teils sehr emotionalen Wortmeldungen forderten sie die Wissenschaftler auf, in das laufende Planfeststellungsverfahren einzugreifen. Wilfried Schneider wies das mit Verweis auf die wissenschaftliche Neutralität des Projektes zurück. Dennoch ermunterte er die Besucher, sich weiterhin zu beteiligen: "Wenn Sie Vorschläge zur Deichsicherheit haben, schicken Sie sie uns. Sie müssen schließlich einmal über die Maßnahmen entscheiden." Dass noch rege Debatten zu erwarten sind, zeigte ein anderer Beitrag: "Ich glaube nicht an den Klimawandel. Von dieser Theorie ist nichts belegt", sagte eine Altländerin.