Anwohner sollen die Kanalreparaturen bezahlen, da die Schadensverursacher angeblich nicht mehr bekannt sind.

Beckdorf. Die Regenwasserkanäle in Beckdorf gleichen einem Schweizer Käse. Dilettantisch wurden über Jahrzehnte von Anwohnern Löcher in die Kanäle gebohrt und Zuleitungsrohre eingeführt. Dass weder die Gemeinde Beckdorf, noch die Samtgemeinde Apensen etwas gegen die defekten Kanäle getan hatten, finden mehrere Anwohner befremdlich.

Seit Januar dieses Jahres werden die kaputten Rohre von der Stadtentwässerung Buxtehude (SEB) betreut. Die nun fällige Reparatur der Regenwasserkanäle sorgt für Ärger in Beckdorf, denn die Sanierung der maroden Leitungen wird nicht billig. Geschätzte 63 000 Euro werden von der SEB alleine für das Jahr 2010 veranschlagt. Die Kosten sollen, so Eckhard Dittmer von der SEB, diejenigen zahlen, die an die maroden Leitungen angeschlossen sind - auch wenn sie die an den Kanälen angerichteten Schäden nicht verursacht haben. Und das verstehen einige Anwohner partout nicht. "Warum soll ein Bürger, für die Schäden zahlen, die er nicht verursacht hat", fragt der Beckdorfer Frank Wallin. Die Verursacher könnten, so Wallin, anhand der eingeschobenen Kanäle schnell ermittelt werden. Dass sich weder die Gemeinde, noch die Samtgemeinde frühzeitig um die Schäden gekümmert habe, findet der Beckdorfer skandalös. "Die sind all die Jahre ihrer Pflicht bewusst nicht nachgekommen", sagt Wallin. Ähnlich sieht das auch Jens Kothe. Er unterstellt zudem Bürgermeister Hans Stresow und Samtgemeindebürgermeister Peter Sommer, Protestbriefe zu dem Thema in der Vergangenheit ignoriert, nicht bearbeitet und verschwinden lassen zu haben. "Wir Bürger wollten doch nichts anderes, als dass die Gemeinde mit uns spricht", sagt er, aber das sei wohl zu viel verlangt.

Die Vorwürfe weist Apensens Samtgemeindebürgermeister Peter Sommer zurück. "Wir haben keine Briefe verschwinden lassen", sagt er. Die Anträge seien gemeinschaftlich behandelt worden. "Wir legen dem Rat nicht 100 Briefe zum selben Thema vor", sagt Sommer. Und dass weder die Gemeinde, noch die Samtgemeinde die maroden Kanäle Instand gesetzt habe, liege daran, dass die Schäden vor der SEB-Begutachtung der Kanäle gar nicht bekannt waren. "Früher hieß es immer, die Kanäle seien wohl in Ordnung", sagt Sommer, "das böse Erwachen gab es erst im letzten Jahr".

Zum Hintergrund: Teile der Regenwasserkanäle in Beckdorf wurden teilweise vor mehr als 40 Jahren in die Erde eingelassen, doch Dokumente darüber, wer nun die Rechte an den Leitungen besitzt und wer genau die Kanäle errichtet hat, liegen angeblich nicht mehr vor. Das sei alles, so Sommer, "per Handschlag gelaufen". Die Gemeinde Beckdorf stellte das Material für den Kanalbau zur Verfügung und die Landwirte verlegten die Rohre in Eigenleistung - mit unterschiedlichem fachmännischem Können. Jahrelang störte sich niemand daran, bis mit der Übernahme der Kanäle von der SEB eine Regenwassergebühr eingeführt werden sollte und die Schäden bekannt wurden. Dies führte zum Dauerstreit mit mehreren Anwohnern, die die anfallenden Reparaturkosten nicht zahlen wollen. "Das Problem ist für uns", sagt Dittmer, "dass wir in vielen Fällen schwer beziehungsweise gar nicht nachweisen können, wer in Beckdorf die Schäden verursacht hat". Einige damalige Anwohner sind verstorben oder umgezogen, andere behaupten, dass sie eine Firma mit den Arbeiten beauftragt hätten. Dokumente hierzu seien aber "nicht mehr nachweisbar".

Auch wenn nur einzelne Bürger die Kanäle in besonderem Maße beschädigt hätten: Die Rohre müssten eh ausgetauscht werden. "Es gibt überall Schäden", sagt Dittmer. Sieben bis zehn Jahre werde die komplette Sanierung der Regenwasserkanäle kosten. Und da alle Anlieger in den Genuss der neuen Leitungen gelangen werden, sollten auch alle Anlieger dafür zahlen. Die SEB will im ersten Schritt eine Bestandsaufnahme machen. Hierfür wurden kürzlich an alle betroffenen Bürger Festsetzungsbescheide verschickt, gegen die Widerspruch eingelegt werden kann. In der Mitte des Jahres sollen dann die Gebührenbescheide verschickt werden, gegen die geklagt werden kann. Doch egal, ob geklagt wird oder nicht, die SEB muss mit den Reparaturen beginnen - wenn möglich sobald der Frost vorbei ist. Und das investierte Geld muss irgendwie wieder reinkommen. "Der Streit mit einigen Bürgern wird deshalb wohl eine Weile weitergehen", sagt Sommer.