Helmut Wist sammelt Exponate aus mehreren Kriegen - von Granaten aus dem 19. Jahrhundert bis zum sowjetischen Nachbau der V1-Rakete.

Abbenfleth. Mit seinem japanischen Geländewagen rollt Helmut Wist (81) durch den Schneematsch vor seinem neuen Museum. 520 000 Kilometer hat das dunkle Auto schon auf dem Tacho - typisch für Wist, der in langen Zeiträumen denkt und Vertrautem gern treu bleibt.

Bestes Beispiel dafür ist sein Verhältnis zur Festung Grauerort. Wist, Jahrgang 1928, ist gerade mal einen Kilometer vom alten Preußenfort entfernt aufgewachsen. Fast 70 Jahre hat es gedauert, ehe er einen Fuß auf das Festungsgelände gesetzt hat. 1997 war das, da stand das ganze Gelände plötzlich zum Verkauf. Er, Wist, hat es gekauft. "Ganz spontan." Warum? Das weiß er selbst nicht so genau zu sagen. Bloß, dass er froh ist, dass seine Ehe damals nicht in die Brüche ging.

Den Förderverein zum Erhalt der Festung hat er mit aufgebaut, bei der Restaurierung der alten Anlage hat er kräftig mitgemischt. Doch nun ist sein eigenes Museum dran. Um die militärische Geschichte in Deutschland und seinen Nachbarstaaten geht es. Von den Granaten aus dem 19. Jahrhundert bis zum sowjetischen Nachbau der deutschen V1-Rakete. Etliche Exponate sind schon da, die größeren Stücke stehen noch draußen vor ihrem künftigen Domizil, andere sind schon im Gebäudeinnern untergebracht. Torpedos finden sich da, Schiffsgeschütze, ein Ein-Mann-Luftschutzbunker und ein Flakscheinwerfer aus dem Zweiten Weltkrieg, Granaten, Steuerstände und das Modell eines Schiffssimulators. Ein Flugzeugmotor von Rolls Royce ist dabei, der zu einer englischen Maschine gehörte. Das Kampfflugzeug war über dem Wolfsbruchermoor abgeschossen worden und wurde erst nach Jahrzehnten beim Torfabbau wiedergefunden. Die ältesten Stücke der Sammlung sind drei Granaten aus dem 19. Jahrhundert. Scharf geschossen wird hier schon lange nicht mehr: "Alles ist entschärft und komplett ungefährlich", versichert Wist.

Manches hat er als Abbruchunternehmer auf Baustellen gefunden - so das Typhon, eine Art Schiffshupe, das jahrzehntelang in Buxtehude vergraben lag. Andere Stücke stammen von Sammlerkollegen wie Peter Tamm. Mit dem Gründer des Internationalen Maritimen Museums in der Hamburger Speicherstadt pflegt Wist nach eigenen Worten "einen guten Kontakt".

Die militärische Seite der Geschichte auszusperren, hält Helmut Wist für nicht richtig. "Die Leute müssten schließlich sehen, womit sich ihre Vorväter gegenseitig umgebracht haben". Dabei erinnert er an eine Episode der jüngeren Stader Kommunalpolitik: Da musste das Technik- und Verkehrsmuseum historische sowjetische Militärflugzeuge abstoßen, weil die Politik das so wollte. Helmut Wist ist jetzt immer noch empört: "Das war ein Fehler."

Offen ist derzeit, ob er das neue Museum in Privatregie betreibt oder ob dafür ein Verein gegründet wird. Wist: "Ich habe immer erst mal angepackt und mir dann einen Kopf über die Einzelheiten gemacht."

Der Museumsstandort Grauerort wird derweil immer interessanter: Die rekonstruierte Preußenfestung liegt nur einen Steinwurf vom künftigen Wist-Museum entfernt, dann gibt es dort auch die rührigen "Eisenbahnfreunde Grauerort". Die Hobbybahner fahren auf Kleinbahngleisen mit dem historischen "Festungsblitz" und mit Passagieren in den Sommermonaten rund um das Fort herum. Dazu gibt es derzeit ernsthafte Überlegungen, das Stader Technik- und Verkehrsmuseum an dieser Stelle anzusiedeln, da die Stadt Stade dessen bisheriges Zuhause an der Freiburger Straße verkauft.

Wenn es zu einem Umzug des Technik- und Verkehrsmuseums nach Grauerort kommen sollte, dann hat Helmut Wist auch dafür schon Pläne in der Schublade. Künftig könnten hier vier museale Einrichtungen direkt nebeneinander existieren, die sich thematisch ergänzen und den Besuchern Einblicke in die Militär- und Technikgeschichte vermitteln.

Ewig Gestrige will Wist nicht anlocken. Er hofft, dass sich dennoch genügend Menschen für sein Museum interessieren werden. Profit werde damit kaum zu erzielen sein. "Ein Risiko ist das schon", sagt er. Noch fehlt es an Manchem in dem zweistöckigen Museumsgebäude. Aus dem Jahr 1924 stammt der Komplex, den Wist mit einigen Helfern jetzt wieder in Schuss bringt - im Mai könnte die Eröffnung stattfinden.