Gäste fordern die Bundesregierung auf, die Ziele ihrer Arbeit klarer und eindeutig zu benennen.

Stade. Wir wollen endlich regiert werden - so lautete gestern die Forderung zahlreicher Gäste beim traditionellen Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer Stade für den Elbe-Weser-Raum. Lothar Geißler, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Stade, sagte bei seiner Rede im Stadeum, dass die Koalition aus CDU und FDP noch zeigen müsse, wie sie die "echten und ernsten" Themen anpacken wolle. Die grundlegenden Probleme seien noch nicht angegangen worden. "Wenn schon gleich zu Anfang einer Wahlperiode den unangenehmen Themen ausgewichen wird, nur weil bald schon wieder die ersten Landtagswahlen anstehen, dann sägt sich die Politik den Ast ab, auf dem sie sitzt, nämlich die eigene Glaubwürdigkeit", sagte Lothar Geißler.

Henning Kehrberg, Arzt und Vorsitzender des Kinderschutzbundes Stade, antwortete auf die Frage, was er von der Bundesregierung in Berlin erwarte, mit einer Gegenfrage: "Da wird regiert!? Da gibt es eine Regierung!?" Es fehle an klaren Vorgaben und Zielen. Die Politiker sollten eindeutig sagen, was sie vorhätten, unabhängig davon, ob dem zugestimmt werde oder nicht.

Klare Ziele wünscht sich auch der Stader Versicherungskaufmann Dieter Kunze: "Die Regierung muss klar und deutlich die Richtung vorgeben." Daran fehle es bisher. Außerdem dürfe bei leeren öffentlichen Kassen nicht als erstes bei der Kultur gespart werden, so Kunze von der Stader "Kultur-Stiftung von Bürgern für Bürger".

"Regierungslos" so bezeichnet Stades Bürgermeister Andreas Rieckhof die CDU/FDP-Koalition. Er fordert ebenfalls eindeutige Vorgaben von der Bundesregierung: "Erst dann können wir uns über die Themen streiten oder ihnen zustimmen." Das sei in einer Demokratie wichtig.

Karina Holst, Stades EU-Beauftragte der Stadt Stade, wünscht sich eine selbstbewusste Kanzlerin: "Angela Merkel sollte sagen, wo es lang geht und Position beziehen." Der Grünen-Ratsherr Uwe Merckens aus Stade bezeichnete die Regierungsarbeit als chaotisch: "Die sollen endlich anfangen zu regieren."

Die Gäste des Neujahrsempfangs nannten noch eine zweite Forderung: Sie wollen ein neues Steuersystem. Michael Seggewiß, Wirtschaftsförderer des Landkreises: "Ein System, das jeder versteht, und vor allem weniger Ausnahmen hat." Das müsse aber nicht unbedingt mit Steuersenkungen verbunden sein. Schließlich dürfe der Schuldenberg nicht weiter wachsen. Wann und ob diese Forderungen umgesetzt werden, entscheidet sich erst im Mai, sagte Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft: "Wir müssen die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen abwarten."