Muslime, Gewerkschafter und Grüne kritisieren die Pläne. Sie befürchten, Kinder mit anderer Religion könnten benachteiligt werden.

Stade. Stade streitet um den Plan der Stadt und der evangelischen Kirche, eine bestehende staatliche Grundschule in die Trägerschaft der Kirche zu geben: Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die Islamische Gemeinde in Stade üben scharfe Kritik und wünschen sich mehr Transparenz bei den bisher hinter verschlossenen Türen stattfindenden Planungen. Auch Stades Grünen-Fraktionschef Ulrich Hemke beurteilt die bisherige Haltung der Stadt als "problematisch".

Hemke bezweifelt, dass die kirchliche Schule dem Aspekt der Integration gerecht werde: "Ich sehe erhebliche Nachteile von einer konfessionsorientierten Separierung der Kinder." Er bezweifelt zudem, dass die kirchliche Schule eine Bereicherung für die Stadt Stade sei, wie von Bürgermeister Andreas Rieckhof behauptet. "Ich habe selbst als Volksschüler die absurde Trennung der Konfessionen in einem Gebäude erlebt", sagt der Grünen-Politiker und warnt vor einer Re-Konfessionalisierung der Schulen. Eine Trennung der Kinder christlichen Glaubens von jenen eines anderen religiösen Glaubens gehe in die falsche Richtung. "Und die Frage wäre ja wohl auch, ob Stade auch eine Grundschule für Korananhänger oder Klosterschulen als Bereicherung der Schullandschaft befürworten würde", so Hemke.

Als "unglücklich" bezeichnet Yigci Hasan, Vorsitzender der Islamischen Gemeinde in Stade, die Entwicklung. "Wir würden gerne über das Projekt mit den Verantwortlichen reden", sagt Yigci, "doch bisher ist niemand an uns herangetreten, weder von der Kirche, noch von der Stadt". Es fehle an Transparenz. Die kirchliche Schule werde von den Muslimen nicht abgelehnt. Die Befürchtung, dass eine evangelische Schule mehr abgrenze, als verbinde, stehe aber im Raum. Yigci: "Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ein muslimisches Kind an einer kirchlichen Schule benachteiligt werden könnte." Wenn muslimische Eltern ihre Kinder nicht an die evangelische Schule schicken würden, hätte er hierfür Verständnis.

Volker Pabst, Vorsitzender des GEW-Kreisverband Stade, bezeichnet die Sache als ein "ganz heikles Thema". Zwar sei laut dem Niedersächsischen Schulgesetz vorgesehen, dass Privatschulen gegründet werden können und auch sollen, aber das Schulkonzept hätte im Vorfeld diskutiert werden müssen. "Das pädagogische Ziel dieser Schule ist völlig unklar", sagt Pabst. Auch er wünscht sich ein deutliches Plus an Transparenz. Bei der Diskussion um die Integrierte Gesamtschule habe die Öffentlichkeitsarbeit hervorragend geklappt - bei der Grundschulplanung sei jedoch vollkommen unklar, was am Ende herauskommen solle. "Die Kirche ist am Zug und muss sagen, was sie sich von einer Trägerschaft verspricht", sagt Pabst. Zudem müsse das mögliche Einzugsgebiet klar umrissen werden. "Auch die Konfessionsfrage bedarf im Vorfeld einer dringenden Klärung", meint der Gewerkschaftler. Eine der zentralen Fragen sei schließlich, wie sich die neue Schule gegenüber Katholiken und Muslimen verhalten werde.

Dass die Stader Verwaltung finanzielle Entlastungen des angeschlagenen Haushalts als Argument für eine evangelische Grundschule ins Spiel gebracht hat, findet die GEW wenig sinnvoll. "In Deutschland sind 8,5 Prozent der allgemeinen Schulen in privater Hand", sagt Pabst, "aber diese Schulen werden zu rund zwei Dritteln vom Staat finanziert und damit vom Steuerzahler". Es würde also das Geld nur von einem staatlichen Geldtopf in den anderen wandern. Außerdem würde eine kostenpflichtige Privatschule einkommensstarke Schichten von einkommensschwachen Familien separieren. Dabei bestehe die Gefahr, dass eine private Eliteschule entstünde. Das Problem sei aber, so Pabst, dass private Schulen für Reiche laut Artikel 7, Absatz 4 des Niedersächsischen Schulgesetzes verboten sind. Für die Integrationsarbeit der Stadt sei eine solche Schule seiner Ansicht nach wenig sinnvoll.

Am finanziellen Argument der Stadt stört sich auch Grünen-Chef Hemke. Er findet den Ansatz der ganzen Überlegungen für die Schule für verfehlt, denn der Ausgang der Diskussion sei nicht eine pädagogische Überlegung, sondern ein "Sparvorschlag" im Rahmen eines "Haushaltssicherungskonzepts", den er nicht mittragen werde.