Anwohner fürchten finanzielle Belastungen durch Baumaßnahme. 174 betroffene Bürger sind gegen die Osterladekoper Dorfsanierung.

Jork. 174 Bürger aus Osterladekop fühlen sich erpresst, übergangen und bevormundet. Was sie wollen, interessiere die große Mehrheit des Jorker Rates anscheinend nicht, lautet der Vorwurf. Nach einer langen und hitzigen Diskussion, an der über 100 Ortsansässige teilnahmen, beschloss der Gemeinderat am Mittwochabend mit 26 zu drei Stimmen endgültig die Ortssanierung. Diese stößt vielen Osterladekopern übel auf. Das Gleichheitsprinzip sehen sie mit Füßen getreten, ihre finanzielle Zukunft aufs Spiel gesetzt. Ihr Verdacht: Der Gemeinde sei es nur darum gegangen, möglichst viel Fördergeld zu erhalten.

Der Stein des Anstoßes ist die seit Jahren diskutierte Dorfsanierung in Osterladekop. Seit mehr als zwölf Jahren laufen die Planungen dafür. Die Gemeinde kann die Sanierung aber nicht mit eigenen Finanzmitteln in Angriff nehmen. Deshalb wurde für die Straße, die Thies Hardorp (CDU) wegen ihres Zustandes als "erbärmlich" bezeichnet, vom Rat eine sogenannte "Dorfsanierung" über das Amt für Landentwicklung (AfL) angeschoben. Die Krux: Damit die Gemeinde an das Fördergeld der AfL kommen kann, muss der Straßenumbau bestimmte Kriterien erfüllen.

Ein Problem dabei ist, dass die Gemeinde nur für eine einzige Variante einen Förderantrag gestellt hat. Die Variante sieht wie folgt aus: An die 5,50 Meter breite Straße schließt künftig nach Norden ein Bürgersteig an, im Süden eine Grünfläche. Dies würde eine Schneise durch das Dorf schlagen, die an manchen Stellen über sieben Meter breit ist. Dort wo alte Fachwerkhäuser stehen, soll die Straße auf 3,50 Meter verengt werden, damit das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird. Ein Wendehammer soll die rund 1,8 Kilometer lange Straße abschließen.

An dieser vom Rat als "große Lösung" bezeichneten Ausbaulösung darf aber nichts grundlegend verändert werden. "Ansonsten gibt es keine Bezuschussung", sagte Jorks Bürgermeister Rolf Lühmann (CDU). "Eine neue Planung wäre zudem nicht vor Januar abgeschlossen und käme somit zu spät für den Förderantrag".

Die Gemeinde hat nach seiner Aussage nur 14 Tage Zeit, eine Entscheidung herbeizuführen. Diese Frist habe ihm Siegfried Dierken vom AfL mitgeteilt. Seine Aussage steht jedoch im Gegensatz zu dem, was das AfL angeblich Anwohnern aus Osterladekop mitgeteilt habe. "Mir wurde von Herrn Dierken gesagt, dass die Gelder bis 2010 vorgehalten werden", so eine Bürgerin. Ein Planungsdruck bestehe somit nicht. Mehrere Bürger sprachen daher von "Erpressung".

Einzelne Bürger meinten, dass Lühmann ein "rücksichtsloser Machtmensch" sei, der "eine Entscheidung erzwingen will". 174 Protestunterschriften wurden dem Rat übergeben - ohne Erfolg. Eine wirkliche Bürgerbeteiligung werde, so die Kritiker, mit aller Macht unterdrückt - und auch im Rat selbst seien Kritiker "immer wieder abgebügelt worden", sagt Peter Rolker, FDP-Ratsmitglied und Anwohner.

Eines steht fest: Der Bürgermeister steht massiv in der Kritik.

Rolker bringt die Empörung auf den Punkt: "Es kann nicht angehen, dass ein Anwohner zum Beispiel 60 000 Euro Erschließungskosten zahlen soll, die Gemeinde aber nur 20 000 Euro. Wo ist das gerecht?", fragt er. Viele Bürger könnten das Vorhaben schlichtweg nicht bezahlen und auch nicht über Kredite abstottern. Es gehe nicht darum, dass die Anwohner eine Sanierung kategorisch ablehnen würden - sie würden nur diese spezielle Planung nicht befürworten. "Hier geht es nur darum, Macht zu demonstrieren", sagte Rolker. Ziel sei es gewesen, die hübscheste und teuerste Lösung zu finden - nicht aber die sinnvollste. Außerdem werde so das Ziel des Alten Landes, Weltkulturerbe zu werden, torpediert. "Zudem sind die Planungen zu keinem Zeitpunkt an den Bürgern ausgerichtet worden", sagte der FDP-Politiker, der tosenden Beifall von den Bürgern erhielt.

Hinrich Rohbohm (parteilos) übte ebenfalls Kritik an Lühmann. "Das Verhalten des Bürgermeisters finde ich arrogant", sagte er. Unzufrieden sind Rolker und Robohm auch deshalb, weil die Verwaltung eine billigere Lösung, die nicht über das AfL gefördert werde, kategorisch ablehne. Das jetzige Projekt - noch im Juni mit knapp 1,5 Millionen Euro und inzwischen mit 1,8 Millionen Euro veranschlagt - sei "eine Zumutung für alle". Dass seit Juni 365 000 Euro zusätzliche Planungskosten angefallen seien, findet Rolker "ungeheuerlich". Es sei zu schnell und unsauber gearbeitet worden.

Grüne und SPD gaben an, die Bedenken der Bürger zu verstehen - dennoch stimmten sie mit dem Bürgerverein und der CDU dem Vorhaben zu. Die Sache ist damit wohl noch nicht beendet: Die Kritiker überlegen weitere Schritte.