Harsefeld. Es war ein gewöhnlicher Tag im Jahre 1927, als ein Apenser Landwirt mit seinem vom Pferd gezogenen Pflug im Acker stecken blieb. Erst nachdem der Pflug mühsam wieder frei gerüttelt war, zeichnete sich ab, dass dieser Tag kein gewöhnlicher sein würde - denn unter der Erde lag ein Haufen alter Gegenstände. Der Landwirt ließ sofort den Harsefelder Archäologen Willi Wegewitz nach Apensen kommen. Was folgte, war die erste große Ausgrabung alter römischer Fundstücke auf der Geest.

Die Römer auf der Geest - das konnte doch gar nicht sein. Hatte nicht Arminius die drei römischen Legionen unter dem Kommando von Quintilius Varus im Jahre 9 nach Christus - also vor genau 2000 Jahren - beim Teutoburger Wald vernichtet und die Römer damit für immer von den Gebieten östlich des Rheinufers vertrieben?

Kreisarchäologe Diether Ziermann kann nur schmunzeln, wenn er so etwas hört. "Es gab auch nach der Schlacht im Teutoburger Wald Kontakte zu und Handel mit den Römern", sagt der Archäologe. Auch auf der Geest. Die historischen Funde, die bei Apensen und Harsefeld zutage gefördert wurden, sind Belege dafür. Bereits gegen 50 vor Christus gab es Kontakte zwischen den Völkern, dann erneut in der Zeit des Augustus zwischen 12 vor und 9 nach Christus - und wieder als die Völkerwanderung bereits begonnen hatte, ab dem späten 4. Jahrhundert.

Die Geschichten, die die Fundstücke erzählen, sind spannend. Ein Schwert und eine Gurtschnalle deuten darauf hin, dass die Germanen als Hilfstruppen, und gegen 400 nach Christus sogar als reguläre Legionäre und Offiziere, in der römischen Armee dienten. Komplizierter ist es mit Fundstücken wie Töpfen, Armreifen und dergleichen. "Ein Teil wurde sicherlich vom Handel in die Region gebracht", sagt Ziermann, "aber alles? Das ist zweifelhaft."

Welchen Gegenwert hätten die Germanen für die vielen Gegenstände auch liefern können, fragt Ziermann. Sklaven, Felle, Bernstein - all das würde die Funde kaum aufwiegen können. Ziermann glaubt eher, dass sich die Römer ihren Frieden erkauft haben. "Das war und ist immer ein beliebtes politisches Mittel gewesen", sagt er und verweist auf die aktuellen Piratenüberfälle vor Somalia. Auch da würden sich Staaten und Reedereien zeitweilige Ruhe erkaufen. Die Römer hätten es damals nicht anders gemacht.

Damit Ziermann und seine Kollegen Licht in das Dunkel der Geschichte bringen können, ist jahrelange Kleinarbeit nötig. "Wir sind dankbar für die Pionierarbeit, die zum Beispiel Willi Wegewitz hier geleistet hat", sagt Ziermann. Seine Arbeiten hätten die ersten Teile eines gigantischen Puzzles freigelegt, das die Kreisarchäologen seit Jahrzehnten zu komplettieren versuchen. Die Fundstätten im Kreis sind den Wissenschaftlern zumeist bekannt, denn Pastoren, Landwirte und Lehrer hatten seit dem 18. Jahrhundert regelmäßig Fundorte kartografiert. "Es ist immer fast ein Glücksspiel, antike Grabstätten und Ähnliches zu finden. Dennoch wissen wir auch aufgrund unseres Vorwissens ziemlich gut, wo wir suchen müssen", sagt Ziermann.

Wo die genauen Fundorte der antiken Gegenstände sind, bleibt indes geheim - nicht, dass Hobby-Archäologen an diesen Stellen das Graben beginnen.

Die örtliche und zeitliche Einordnung der Töpfe, Schwerter, Lanzen und Krüge ist die schwerste und langwierigste Aufgabe der Archäologen. "Mit unserem Fachwissen können wir viele Teile recht gut geografisch und zeitlich eingrenzen", sagt er, "aber es gibt immer Momente, in denen wir vor einem unlösbaren Rätsel stehen". Dann helfe nur noch eines: Der Kontakt zu anderen Fachleuten. Dann werden Kataloge durchsucht, radioaktive Altersbestimmungen durchgeführt und die ungeklärten Fragen wissenschaftlich diskutiert. Manchmal entstünden dabei regelrechte Streitgespräche. "Dieser Diskurs bringt mir am meisten Spaß", sagt Ziermann. Forschung müsse das auch, Spaß machen. Und wenn er diesen weitergeben kann, dann freut es den Archäologen um so mehr.

Die Ausstellung "Varus! Varus! ... 2000 Jahre Rom auf der Geest" ist von Freitag an bis zum 15. März, dienstags bis freitags von 15 bis 17 Uhr sowie sonntags und feiertags von 10.30 Uhr bis 12 Uhr im Museum Harsefeld (Am Amtshof 3) zu sehen.