Die Missionarinnen wollen sich mehr um die Katholiken im Norden kümmern - besonders um die Kinder.

Harsefeld. Stefanie Hall wollte eigentlich immer Lehrerin werden und viele Kinder haben. Doch es kam anders. Sie unterrichtet zwar, aber Kinder wird sie nicht bekommen. Die 44-Jährige entschied sich für ein Leben in Keuschheit und Gemeinschaft - sie wurde Nonne und trat ins Kloster ein. "Ich wusste, wenn ich diesen Weg gehe, werde ich glücklich", sagt die Siegburgerin.

Die Frau mit den kurzen, dunklen Haaren gehört den Steyler Missionarinnen in Harsefeld an. Dabei handelt es sich um eine internationale Ordensgemeinschaft, die vor mehr als 100 Jahren in dem niederländischen Dorf Steyl gegründet wurde. Insgesamt gibt es 3500 Steyler Missionarinnen in 44 Ländern. Sie setzen sich besonders dort ein, wo das Leben bedroht und unterdrückt wird. "Das heißt, man muss bereit sein, das eigene Land zu verlassen", sagt Hall.

Für sie selbst bedeutete das, der Landbevölkerung in der Hochebene Altiplano in Bolivien zu einem akademischen Abschluss in Tiermedizin und Landwirtschaft zu verhelfen. "Es war eine schwierige Erfahrung und es tat sich eine ganz neue Welt für mich auf", sagt Hall, die zuvor nie Europa verlassen hatte. Es dauerte lange, bis sie das Vertrauen der Nachfahren der Inkas gewinnen konnte.

Nach vier Jahren wollte sie lieber Missionsarbeit in Europa leisten und kehrte zurück nach Deutschland. Zumal sie Latein und katholische Theologie in Bonn studiert hatte und wieder in ihrem Beruf arbeiten wollte. Als das Gymnasium in Harsefeld eröffnet wurde, packte sie die Chance beim Schopf und unterrichtet jetzt Religion und Latein an der Schule.

Zusammen mit vier weiteren Schwestern lebt sie im Pfarrhaus Harsefeld. Der Alltag kommt dem in einer Wohngemeinschaft gleich. Die Frauen kochen zusammen, essen zusammen, sehen zusammen fern - und beten zusammen. Schon um 6.30 Uhr falten die Nonnen die Hände zum gemeinsamen "Morgenlob" und schließen den Tag mit einem "Abendlob". Besucher mögen allerdings beim Anblick der Nonnen erstaunt sein: Sie tragen weder Schleier noch Kutte. Dafür Pulli und Hose. Lediglich an der Kette mit dem silbernen Kreuz ist ihre spirituelle Mission zu erkennen.

Das "Ja" zum Kloster bedeutet auch ein Leben in Armut. Hall geht zwar als Lehrerin einem ganz normalen Beruf nach. Aber das Geld, das sie verdient, fließt in eine gemeinsame Kasse. Auch der Lebensstil der Nonnen ist einfach. In den kleinen Zimmern finden sich Bett, Kleiderschrank, eine Waschgelegenheit und eventuell noch einen Schreibtisch und einen Computer. CD-Player sucht man darin vergeblich.

Hall leugnet nicht, dass sie auch viele Tiefen durchlebt hat. "Manchmal denke ich schon daran, wie es wäre, Kinder bekommen zu haben." Aber bereut hat sie ihre Entscheidung nicht.

Ähnlich ist es Petra Rimmele ergangen. Die heute 62-Jährige aus Isny im Allgäu beschäftigte sich schon früh intensiv mit Gott und der Bibel. "Das hat mir Kraft gegeben." Seit einem Jahr wohnt die Erzieherin in Harsefeld und möchte künftig Kleinkinder in der Tagespflege betreuen. Damit will der Orden auch erreichen, seine Präsenz im Norden zu stärken. "Die Arbeit mit Kindern hat mir schon immer Spaß gemacht", sagt Rimmele.

Das ist kaum zu übersehen. Sie strahlt, als die ersten Kinder in die katholische Kirche St. Michael in Harsefeld strömen, um an diesem Tag das St.-Martins-Spiel einzuüben. Noch höher im Kurs steht aber Agnes Benedicta Lauer. Kein Wunder: Sie hat einen Teller Bonbons für die Kinder vorbereitet. Die herzliche, 69-Jahre alte Frau lebt schon am längsten in dem Pfarrhaus in Harsefeld. Seit zwölf Jahren kümmert sie sich um die Kinder- und Jugendarbeit, bereitet etwa die Erstkommunion vor. Zu ihren Aufgaben gehört auch, Erwachsenen Anregungen zu geben. "Ziel ist, dass man seinen Glauben vertieft, in sich hineinhorcht und still wird." Auch sie blickt ohne Reue auf ihr Leben als Nonne zurück. "Ich war immer zufrieden. Was will man noch mehr?"