Naturschutz-Expertin aus Balje rät: Echte Tierfreunde sollten die ungebetenen Gäste lebendig vor die Tür setzen.

Stade/Buxtehude. "Pfui Spinne!" Der Aufschrei untadeliger Hausfrauen ist jetzt oft zu hören. Gehen im Spätherbst die Temperaturen in den Keller, folgen die achtbeinigen Nützlinge prompt. Durch kleinste Ritzen, angekippte Fenster und offene Türen suchen Spinnen in diesen Tagen Schutz in den Häusern der Menschen. Dort hoffen sie, in einer stillen Nische die Notzeit unentdeckt mit manch fetter Stubenfliege im Netz zu überstehen.

Doch das Elend der Spinnen ist groß: Ekel, Angst und Aberglaube kosten Millionen Exemplare das Leben - zertreten, im Klo ersäuft, mit dem Staubsauger aus dem reinlichen, häuslichen Blickfeld entfernt. "Dabei ist es ganz leicht, die Nützlinge mit einfachen Handgriffen lebendig vor die Tür zu setzen", erklärt Sarah Hoffmann, Diplom-Biologin am Natureum in Balje. "Mit einem Glas oder Becher, den man über die Spinne stülpt und dann mit Papier abdeckt kann man die Krabbeltiere fangen und draußen freilassen."

Und das ist lohnenswert: Die oft ungeliebten Geschöpfe zeigen sich dem interessierten Beobachter als faszinierende Wesen. Als biologische Insektenfänger sind Raubspinnen ebenso unersetzbar wie Vertreter der heimischen Radnetzspinnen oder die Konstrukteure von Trichternetzen. Ihre Netzwerke zeigen sich besonders im Morgentau als wahre Wunder der Spinnkunst - statisch perfekt, optisch brillant und überaus zweckmäßig.

Sie bestehen aus einem Grundgerüst sehr reißfester Eiweißfäden. Mit speziellen Spinndrüsen im Hinterleib produzieren Spinnen das Netzmaterial. In das Grundgerüst weben sie dann extra Fangfäden mit klebrigen Tröpfchen versehen und feinste Signalfäden, damit ihnen keine Beute entgeht. Wohl durchdacht hängt Frau Spinne ihre Netze stets leicht schräg zwischen die Halterungen. So kann sie sich an der Netzunterseite bewegen, ohne sich selbst in ihren Klebefäden zu verheddern.

Beschädigen größere Beuteinsekten, Menschen, Tiere oder der Wind das Netz, repariert die Spinne das Malheur sofort. Lohnt eine Reparatur nicht mehr, verspeist die Spinne das Netzmaterial und verarbeitet es in ihrem Körper zu neuer Spinnflüssigkeit.

Zu den bekanntesten heimischen Radnetzspinnen (Araneidae) gehören die Gartenkreuzspinnen (Araneus diadematus), leicht erkennbar am auffälligen Kreuz auf dem Hinterleib. Viele Menschen fürchten diese fleißigen Insektenvertilger, weil sie diese für gefährlich halten.

"Diese Spinnen sind für den Menschen völlig ungefährlich", entwarnt Janette Hagedoorn-Schüch, Diplom-Biologin beim Naturschutzamt des Landkreises Stade. Die meisten heimischen Spinnenarten haben zu kurze Giftklauen, um die menschliche Haut zu durchdringen. Kreuzspinnen lähmen zwar mit giftigem Biss ihre Beute, ziehen gegenüber Menschen jedoch immer die Flucht einem Angriff vor.