Bei Oldendorf liegt eine einzigartige Landschaft, die unzähligen vom Aussterben bedrohten Tieren und Pflanzen sicheren Lebensraum bietet.

Oldendorf. Der Lärm der Gänse und Kraniche ist in den Morgen- und Abendstunden weithin zu hören. Doch es gibt auch ganz heimliche und stille Bewohner der geheimnisvollen Landschaft des "Hohen Moores" zwischen Oldendorf und Elm, Estorf und Hagenah. Dieses Naturschutz-Areal von rund 854 Hektar steht als Natura-2000-Gebiet unter dem Schutz der Europäischen Union und ist ein Refugium für unzählige vom Aussterben bedrohte Tiere und Pflanzen.

Der mit 653 Hektar größte Teil des rund 6000 Jahre alten Moores wurde 2001 bis 2006 gezielt wiedervernässt. Seltene Hochmoorpflanzen wie Sonnentau und Torfmoose vermehren sich inzwischen wieder. Kranich, Schwarzhalstaucher, Sumpfohreule, Ziegenmelker, Waldschnepfe, Wachtelkönig, Kornweihe und Fischadler sind wieder heimisch und brüten sogar. Moorfrosch, Ringelnatter, Kreuzotter und Blindschleiche finden im Hohen Moor ebenso Überlebensräume wie 20 Libellenarten und rund 56 gefährdete Falterarten, darunter Raritäten wie die Heidelbeer-Garteneule oder der Argus-Bläuling.

Der sogenannte "Körper" des Hohen Moores ist noch weitgehend erhalten, obwohl von den 1830er- bis in die 1970er-Jahre Torfabbau im Handstich-Betrieb die ursprüngliche Form veränderte und dem Moor sein Lebenselixier - das Wasser - entzog.

"Mit den niedersächsischen Moorschutzprogrammen aus den Jahren 1981 und 1986 wurde eine wesentliche Grundlage zum Schutz dieser Gebiete geschaffen", erklärt Helmut Bergmann, seit mehr als 20 Jahren Hochmoor-Experte beim Naturschutzamt des Landkreises Stade. "Erst die Anhebung des Wasserstandes ermöglichte Anfang der 80er-Jahre die ökologische Wende im austrocknenden Regenmoor."

Voraussetzung dafür waren kontinuierliche Flächenaufkäufe durch das Land Niedersachsen (105 Hektar) sowie den Landkreis Stade (360 Hektar) und den Landkreis Rotenburg/Wümme (2,6 Hektar). Auch das 1,29 Millionen Euro umfassende "LIFE-Natur-Projekt", das zur Hälfte von der EU finanziert wird, sorgte dafür, den Wasserstand des Hohen Moores so zu erhöhen, dass die typische Flora und Fauna wieder eine Zukunft hat. Das Land Niedersachsen als Projektträger steuerte dafür 542.000 Euro bei. Der Landkreis Stade stellte für gut 100.000 Euro Personal zur Verfügung. Im Rahmen des LIFE-Projekts erwarb das Land Niedersachsen zudem nochmals rund 85 Hektar Moorland.

Lebendige Hochmoore benötigen ein ausgeglichenes Feuchtklima. Weil sie nur etwa einen Millimeter pro Jahr wachsen, nimmt der Entstehungsprozess Jahrhunderte bis Jahrtausende in Anspruch.

Die Bildung von Hochmooren begann in Niedersachsen nach der letzten Eiszeit vor etwa 8000 Jahren. An nassen Stellen siedelten sich erste Torfmoose an und wucherten immer üppiger. Nachdem der sich bildende Torf langsam aus dem Grundwasser herauswuchs, entwickelte sich eine Hochmoorstruktur. Hochmoore sind einzigartige Landschaftselemente, die ohne Wasser nicht existieren könnten. Wie voll gesogene Schwämme liegen sie in der Landschaft. Sie speisen sich allein durch Regenwasser und sind fast ausschließlich aus vielfarbigen Torfmoosen aufgebaut.

Einige Torfmoosarten speichern mehr als das 25-fache ihres Trockengewichtes an Wasser. Sie vertragen kurzes Austrocknen und sind optimal an die nährstoffarmen Bedingungen im Moor angepasst. Zudem schaffen sie durch Abgabe von Protonen etwas Einmaliges in der Pflanzenwelt: Torfmoose machen Hochmoorwasser sauer wie Zitronensaft. Das bringt für andere Pflanzenarten ein lebensfeindliches, extrem saures Milieu. Nur wenige niedrige Sträucher und Gräser können hier wachsen. Größere Gehölze kommen erst in den Bereichen vor, die schon ausgetrocknet waren. Der hohe Wasserstand verhindert eine Belüftung der Bodenoberfläche, so dass kaum eine Zersetzung der Pflanzenreste erfolgt. So entsteht Torf.