Die Pferde mussten vor 60 Jahren viel Geduld mit sich bringen. Vier Stunden lang waren sie an den Bäumen angebunden und mussten warten, bis die Beschicker des Wochenmarktes ihre Waren verkauft hatten.

Altkloster. In 60 Jahren hat sich das Bild des Wochenmarktes auf dem Schafmarktplatz in Altkloster stark gewandelt. Die Pferdefuhrwerke sind von der Bildfläche verschwunden, stattdessen sind jetzt mehrere Verkaufswagen auf dem Platz verteilt, in denen die Händler ihre Ware anbieten.

Lediglich drei Stände waren auf dem Schafmarktplatz vor 60 Jahren anzutreffen. Zu den Verkäufern von einst zählten Senta Richters (79) und ihr Mann Wilhelm, der inzwischen verstorben ist. "Kartoffeln und Eier - mehr haben wir damals nicht gehabt", erinnert sich Senta Richters. Dass sie ihre Ware auf dem Wochenmarkt verkauften, ist einem Zufall zu verdanken. Ihre Frühkartoffeln gerieten in der Ernte eine Spur zu groß. Und das versprach reißenden Absatz. "Die Engländer-Frauen machten aus den Kartoffeln so gerne Pommes", erklärt Senta Richters.

Die Besatzungsmächte stellten sprachlich allerdings höhere Anforderungen an die Marktbeschicker. Sie mussten die Verkaufsgespräche auch auf Englisch beherrschen. "Mein Mann sagte immer, dass er in drei Sprachen verkauft hat - auf Platt, auf Hochdeutsch und auf Englisch." Zentnerweise deckten sich die Kunden mit Kartoffeln ein und schleppten sie nach Hause. "Es wurde ja noch viel eingekellert", sagt Richters. Auch Hannes Quast aus Königreich, ebenso ein Mann der ersten Stunde auf dem Wochenmarkt, verkaufte Wannenweise. An seinem Stand konnten sich die Marktbesucher mit Äpfeln und anderem Obst eindecken. Der 87-Jährige erinnert sich noch genau, was er für den Stand gezahlt hat: "Nur 70 Pfennig hat es damals gekostet." Seine Schwiegertochter Angela Quast muss heute 2,50 Euro pro Meter hinlegen.

Alles, was die Kunden damals nicht verzehrten, wurde eingekocht. Heute gehen deutlich kleinere Mengen über die Theke. Zum Einkochen fehlt den Menschen inzwischen offenbar die Zeit. Angela Quast, (49), die mit ihrem Sohn Karsten (19) hinter dem Stand steht, reagiert auf das veränderte Kundenverhalten: Sie bietet den Leuten jetzt selbst Marmelade an. "Dass man so etwas verkauft, wäre noch bis vor zehn Jahren undenkbar gewesen", sagt die Obsthändlerin.

"Es ist ganz schön extrem, was die Kunden heute alles haben wollen", bestätigt Jörg Wunderlich (49) aus Cuxhaven. Sein Vater hatte in den ersten Jahren lediglich Makrelen und Rollmöpse angeboten. "Das hat den Leuten auch gereicht. Heute muss man ein Riesenangebot an Fisch und Marinaden haben."

An gemütlicher Atmosphäre hat der Markt in den 60 Jahren nichts eingebüßt, auch wenn sich die Zahl der Marktstände von drei auf über zehn Stände erhöht hat. Verkäufer und Kunden finden immer Zeit für einen kleinen Schnack, bevor die Ware in die Körbe wandert.

Der Spaß ist beiden Seiten deutlich anzumerken. "Die Wochenmarktkunden sind die tollsten Kunden. Sie nörgeln nicht und sind zufrieden", sagt Gabriele Guskow (53) aus Drochtersen, die mit Sabine Brüggen Käse verkauft. Kundin Regina Lahann (58) aus Altkloster weiß warum: "Wir gehen eben noch mit Freude einkaufen, nicht wie die Leute bei Lidl - ab durch die Mitte und schnell nach Hause."