Ordentlich mit der Zunge rollen, diesen Tipp von unserem Plattdeutschdozenten Helmut Arbatzat habe ich mir gemerkt. Als Teilnehmerin des zweitätigen Kursus “Plattdüütsch för Anfänger“, organisiert vom Verein “De Plattdüütschen“ muss ich auch gleich als Erste ran.

Düdenbüttel. Beim Vorlesen überschlägt sich die Zunge gefühlte tausend Mal, wird geknotet und entknotet. Und das nur in sechs Sätzen. Danach übernimmt Tischnachbar Wolfgang Drusell. Er hat das mit dem Rollen besser raus, das muss neidlos zugegeben werden. Aber auch ihm entfährt ein Seufzer der Erleichterung, als er fertig ist.

Und das, obschon sich hier keiner schäme muss. "Versucht einfach mal, Platt zu sprechen und wer sich nicht traut, darf Hochdeutsch sprechen", sagt Helmut Arbatzat, natürlich im vorbildlichen Plattdeutsch. Schließlich hat der Mann zum Thema "Niederdeutsch in der Erwachsenenbildung" promoviert und gibt seit 25 Jahren Plattdeutschkurse.

Einige trauen sich sofort, Anita Quadt und Heinz Köster etwa. Die beiden können bereits Plattdeutsch (und prächtig der Zunge rollen). Sie wollen sich weiterbilden, um selber Plattdeutsch unterrichten zu können. Denn das "Plattsnacker-Tüügnis", das alle Teilnehmer am Ende des Kursus bekommen, ist eine anerkannte Qualifizierung.

Die Teilnehmer sind aus unterschiedlichen Gründen hier: Reinhard Maringer will mit seiner Frau Käthe zumindest ab und zu ein bisschen Platt sprechen - am liebsten beim Abwaschen. Anita Quasts Tochter Imke (27) kann Platt nur verstehen und will es nun auch sprechen können. Und Tsegaye Lemma, der Äthiopier lebt seit 20 Jahren in Stade, war neugierig, nachdem er von Arbeitskollegen das Buch von seinen Landsmann und "Plattsnacker" Yared Dibaba geschenkt bekommen hat.

Plattdeutschexperten werden wir zwar innerhalb der insgesamt acht Unterrichtstunden nicht, aber es soll ja in erster Linie Spaß machen, sagt Dozent Arbatzat. Mit dem Arbeitsbuch, dass alle Teilnehmer bekommen haben, kann zu Hause weitergelernt werden.

Arbatzat kann in dem Schnellkursus nur dafür sorgen, dass die Grundlagen gelegt werden und dabei auch der Spaß nicht zu kurz kommt. Er greift zur Gitarre und stimmt das Lied "Wo ik herkoom" an. In der ersten Strophe murmeln die meisten schüchtern mit. Doch bei Strophe zwei wird schon ordentlich mitgesungen. Die gute Stimmung nutzt Arbatzat, um uns Grammatik und Vokabeln beizubringen. Die wichtigste Erkenntnis aus dem Abstecher in die Sprachkunde: Plattdeutsch ist kein Dialekt, sondern eine eigenständige Sprache mit vielen unterschiedlichen lokalen Mundarten. Dann ist erst mal "Föhfteihn" - Pause.

Danach lernen wir bei einem Rollenspiel wie wir auf Plattdeutsch an eine neue Hose komme: "Ik wüll een gröön Büx hebben" und bekomme von meiner Spielpartnerin Petra Köring prompt eine Rechnung über 90 Euro präsentiert. Mit "Dat steiht di goot", versucht sie mir den unverschämten, fiktiven Preis für die ebenfalls fiktive Hose schmackhaft zu machen. Da ich zwar auf Hochdeutsch, nicht aber auf Platt protestieren kann, schlage ich ein. Werde aber sicher in dem Arbeitsbuch zu Hause noch mal nachschauen was "Wucher" auf Platt heißt.