Thomas de Maizière (CDU) besucht Geburtshaus seines Vaters. Die Idee, dem einstigen Generalinspekteur der Bundeswehr zu gedenken, stammt aber ursprünglich von der SPD. Ihr Vorwurf: Die CDU mache damit jetzt Wahlkampf.

Stade. Meist erhalten Gedenktafeln eher wenig Aufmerksamkeit. Vor allem dann, wenn der Geehrte in der breiten Öffentlichkeit wenig bekannt ist. Doch diesmal ist alles anders. Grund ist der Bundestagswahlkampf. Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr (1966 bis 1972), Ulrich de Maizière, wurde 1912 in Stade geboren. Heute soll an seinem Geburtshaus an der Gartenstraße 1, wo er sechs Monate lebte, eine Gedenktafel angebracht werden. Sein Sohn Thomas wird an der Feierlichkeit teilnehmen.

Die Zeremonie scheint bisher nicht ungewöhnlich zu sein. Doch Thomas de Maizière ist nicht nur Sohn, sondern auch Kanzleramtsminister und CDU-Mitglied. Er gilt als einer der engsten Mitarbeiter und Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und nach der Verleihung wird Thomas de Maizière im Stader Ratskeller die Werbetrommel für seinen CDU-Parteikollegen und Bundestagskandidaten Enak Ferlemann rühren.

Pikant: Ausgerechnet die SPD-Fraktion des Stader Rates gab den Anstoß für die Gedenktafel. Manfred Schulz, Vorsitzender des Kulturausschusses, hat den Antrag gestellt. Doch nun dient die Tafel offenbar dem politischen Kontrahenten.

Stades Bürgermeister Andreas Rieckhof (SPD) bestreitet das: "Ich wusste, dass Thomas de Maizière für den Wahlkampf nach Stade kommen will und habe die Verwaltung damit beauftragt, die Zeremonie für seinen Vater auf diesen Tag zu legen." Den Wahlkampftermin habe er bewusst als Anlass für die Verleihung genommen. "Das ist eine Veranstaltung der Stadt. Ich als Bürgermeister hatte die Idee und lade dazu ein", sagt Rieckhof. Die Gedenktafel sei keine Frage von Parteipräferenzen.

Das sieht Klaus Quiatkowsky, SPD-Fraktionsvorsitzender im Stader Rat, anders. Er bedauert den Termin: "Die zeitliche Nähe zum Wahlkampf ist offensichtlich." Die CDU nutze das Andenken an Ulrich de Maizière für ihren Wahlkampf: "Die Vermischung ist nicht gut. Wäre die SPD in derselben Lage gewesen, hätten sie das strikt getrennt." Die Verwaltung habe den Termin unglücklich gewählt.

Das Gedenken an Ulrich de Maizière sorgt bereits seit zwei Jahren für heftige Diskussionen. So ist Grünen-Ratsherr Ulrich Hemke gegen die Gedenktafel, weil Ulrich de Maizière im Zweiten Weltkrieg General war: "Er gehörte zu den letzten Kämpfern und war bis zum Ende des Weltkrieges im Führerhauptquartier in Berlin." De Maizière habe am Vernichtungskrieg teilgenommen. Daher sei er einer Auszeichnung nicht würdig. Der Grünen-Politiker sei nicht nur persönlich gegen die Ehrung. Sie sei ein Politikum.

Dem widerspricht Stades Erster Stadtrat Dirk Kraska: "Wir haben den Werdegang überprüft. Er hat sich nichts zu schulden kommen lassen." Es gebe keine Anhaltspunkte, dass sich Ulrich de Maizière im Zweiten Weltkrieg völkerrechtswidrig verhalten habe. "De Maizière ist einer der Väter der Inneren Führung und hat sich als Staatsbürger in Uniform verdient gemacht", so Kraska.

De Maizière hat die Grundlagen für die demokratisch strukturierte Bundeswehr erarbeitet. Der Generalinspekteur setzte sich für die Theorie des "Staatsbürgers in Uniform" ein. 1972 ging der Generalinspekteur in den Ruhestand. 2006 starb er mit 94 Jahren in Bad Godesberg.