Die Eltern sprachen nie Platt mit ihm. Doch Graf entdeckte die Sprache für sich - als Musiker und Autor.

Buxtehude-Ottensen. Das Wort Retter hört Jan Graf gar nicht gern. Der Mann mit den wuscheligen Haaren sitzt in Jeans und Klocks entspannt im Gartenstuhl und tätschelt seinen Hund "Fehmarn". Nein, weder kämpfe er um die plattdeutsche Sprache noch versuche er, sie zu retten. "Ich drücke mich nur in einer Sprache aus, die manchmal eine stärkere Kraft hat als die Hochdeutsche und die eine Seite in mir zum Schwingen bringt", sagt der 36-Jährige.

Viele kennen Grafs Stimme vor allem aus der NDR-Reihe "Hör mal'n beten to". Darin "verwurstet" er, wie er selbst sagt, Abgründiges aus Norddeutschland und der Welt. Die besten Radiogeschichten sind jetzt nachzulesen im Buch "Wurst-TV un anner Hör mal'n beten to Geschichten", das jetzt in Grafs eigenem Plaggenhauer-Verlag erschienen ist. "Wurst-TV" ist Grafs erstes "Hör mal"-Buch. "Keine große Literatur", sagt er, "aber unterhaltsam und vielleicht auch tröstlich an der einen oder anderen Seite." Gewidmet hat er das Buch übrigens seinem Hund "Fehmarn".

Schon als Kind hatte Graf die plattdeutsche Sprache für sich entdeckt. Als er acht war, habe er mit einem Freund auf einer Bank gesessen und sich mit ihm über Plattdeutsch unterhalten, erinnert er sich. "Das war damals eine Sprache zu der wir selbst keinen Zugang hatten." Denn Grafs Eltern sprachen nur Hochdeutsch mit ihm. Ein Seminar über die niederländische und niederdeutsche Sprache an der Universität Göttingen, an der Graf Germanistik studierte, sei das "Schlüsselerlebnis" gewesen.

Anders als seine Eltern spricht Graf heute auf Platt mit seinen Kindern. "Uns ist klar, dass wir damit Exoten sind." Doch die Sprache sei eine Wissensressource, die man im Norden frei Haus bekomme und nutzen solle. "Keines meiner Kinder wird dadurch in der Schule Probleme haben", ist Graf überzeugt.

Auch musikalisch hat sich der Buxtehuder auf das Plattdeutsche gestürzt und sich inzwischen einen Namen in der niederdeutschen Szene gemacht. Graf, der im vergangenen Jahr mit dem Bad-Bevensen-Preis für Musik mit niederdeutschen Texten ausgezeichnet wurde, bleibt bescheiden: "Alles was nicht über 80 Jahre alt ist, wird in der Szene als Nachwuchs gehandelt", sagt er und schmunzelt. Dennoch habe er Gleichaltrige nie mit seiner Musik an sich binden können, gibt er zu. Dabei bringt der Musiker nicht nur plattdeutsche Klassiker wie "Dat du mien Leevsten büst". Es sind moderne Texte, oft mit einem melancholischen Grundton. "Jeder der Songs kommt von Herzen. Und hinter jedem steckt eine Träne." Aber das Plattdeutsche sei offenbar in der Musikszene ein Hemmnis. Auf Englisch oder Französisch könne man Schnulzen singen. "Singst Du sie auf Plattdeutsch, denken die Leute, du singst aus dem Kuhstall."