Mit einem Paukenschlag begann der gestrige Prozesstag im Mordfall Sonja Ady. Der Vater des Mädchens, das im August 1987 nach einem Diskobesuch grausam ermordet wurde, soll dem Angeklagten Michael B. mit den Worten, er solle “vorsichtig sein“, gedroht haben.

Stade. Hintergrund ist die Entscheidung des Landgerichts Stade vom 5. Juli, den Haftbefehl gegen den Angeklagten auszusetzen (das Abendblatt berichtete).

Der Vater erklärte, dass er weiterhin der festen Überzeugung sei, dass B. seine Tochter umgebracht habe und dass er es nicht akzeptieren könne, dass sich der Angeklagte auf "freiem Fuß" befinde. Das Gericht machte schnell deutlich, dass es ein solches Verhalten weder gutheißen, noch tolerieren könne. "Wir hier leisten unsere Arbeit nach Recht und Gesetz und da haben sie sich bitte nicht einzumischen", erteilte der Vorsitzende Richter Bernd Appelkamp dem Vater eine Rüge.

Das anschließende Plädoyer der Staatsanwältin Anne Elisabeth Sperl dürfte Balsam auf die Seele des Vaters gewesen sein. Sie ist ebenfalls der festen Überzeugung, dass Michael B. der Mörder der damals 16-jährigen Sonja Ady ist, dass er sie mit mehr als 67 Stichen, davon viele im Brust- und Genitalbereich, grausam umgebracht habe. Daran würden auch die Zweifel der Gutachter über den Wert der DNA-Proben nichts ändern. Sie forderte wegen der besonderen Grausamkeit des Mordes eine Haftstrafe von sieben Jahren für den Angeklagten sowie die Übernahme der Verfahrenskosten. Auch die Aussetzung des Haftbefehls beurteilte sie kritisch, da aus ihrer Sicht eine Fluchtgefahr des Angeklagten bestünde. "Michael B. lebt in Venezuela und hat erst kürzlich einen zweiten Reisepass für ein Visum nach Venezuela beantragt".

Die Aussagen der Gutachter, die letztlich zur Aussetzung des Haftbefehles gegen Michael B. geführt hatten, dass die DNA-Spuren des Angeklagten über eine Sekundärübertragung auf Beweisgegenstände gelangt sein könnten, hält die Staatsanwaltschaft für wenig wahrscheinlich. So sei nicht hinreichend erklärbar, weshalb die DNA-Spuren des Angeklagten sowohl auf dem Seil, mit dem das Opfer gefesselt wurde als auch auf einer abseits gelegenen Socke, mit der Sonja Ady geknebelt wurde, gefunden wurden, wenn Michael B. nicht den Mord begangen haben sollte.

Auch widersprächen die damaligen Aussagen des Angeklagten dem Tatsachenbefund. B. hatte damals gesagt, dass sich Ady nach dem Geschlechtsverkehr wieder angezogen habe und gegangen sei. Das Sperma des Angeklagten wurde jedoch nicht in den Slipeinlagen der Toten gefunden, sondern auf dem Seil, mit dem sie gefesselt wurde. Dies sowie die Tatsache, dass der Angeklagte von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch gemacht hatte, spreche nach Ansicht der Staatsanwältin zusätzlich dafür, dass Michael B. der Mörder sei. "Es ist abwegig, dass ein anderer Täter in Frage kommt", so Sperl.

Am 7. August wird der Mordprozess mit dem Plädoyer der Verteidigung fortgesetzt.