21 Frauen, aber nur fünf Männer: Mangels Alternativen gibt es jetzt Formations- statt Paartanz.

Stade. Die Musik ist bereits auf dem Bürgersteig zu hören. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee zieht durch die Luft. Bunte Blumen stehen auf den Tischen. Unzählige Damen und wenige Herren, überwiegend grau meliert, strömen in das Pastor-Behrens-Haus in Stade. Alle haben sich herausgeputzt, tragen schicke Kostüme, Kleider und Blusen. Es herrscht Festtagsstimmung im Gemeindehaus. Der Tanzkreis "Mach mit - bleib fit" feiert sein 10-jähriges Bestehen.

Butterkuchen und Bienenstich versüßen den Nachmittag. Doch das ist eine Ausnahme. Sonst gibt es nur Wasser, sagt Annemarie Küchenmeister, die den Tanzkreis aufgebaut hat und seitdem leitet: "Bei uns steht das Tanzen im Mittelpunkt." Seit einem Jahrzehnt treffen sich 30 Damen und Herren von 60 Jahren an immer mittwochs zum Tanz. Vier von ihnen sind über 80 Jahre alt. Sechs Tänzer sind von Anfang an dabei.

Der Tanzkreis wird von Frauen dominiert. "Wir haben nur vier Männer. Einige Frauen sind alleinstehend. Oder ihre Männer tanzen nicht gern. Also kommen sie ohne Partner", sagt Küchenmeister. Daher übernehmen einige Frauen den Männerpart.

Viel Zeit hat die 72-Jährige aber nicht zum Erzählen. Nach einem kurzen Grußwort an ihre Gruppe sowie an die Gäste aus anderen Tanzkreisen, etwa aus Harsefeld, Rotenburg und Apensen, bittet sie zum ersten Tanz. Eigentlich geht es jetzt los, doch zunächst will der CD-Player nicht so recht funktionieren. Die Senioren warten geduldig. Endlich schallt die Marschmusik aus den Lautsprechern - jetzt geht es wirklich los.

Etwa 50 Senioren gehen zu zweit Hand in Hand über den Saal. Trennen sich nach links und rechts, treffen sich wieder, bilden Viererreihen und laufen im Takt der Musik weitere Formationen. Klassische Paartänze gibt es im Pastor-Behrens-Haus nicht. Stattdessen werden deutsche und internationale Kreis- und Gassentänze sowie Mitmachtänze geübt. Sie ähneln aber bekannten Tänzen wie Cha-Cha-Cha und Foxtrott. "In keiner Stunde darf ein Walzer und Tango fehlen. Die müssen einfach sein", sagt Küchenmeister.

"Wir machen keine Drehungen und hüpfen auch nicht. Die Tänze sind dem Alter angepasst", sagt Elfriede Winter. Die 77-Jährige ist bereits seit neun Jahren mit ihrem Lebensgefährten Jürg Voßberg dabei. Die beiden bevorzugen flotte Tänze. Für den 75-Jährigen ist jede Stunde immer wieder neu: "Ich kann mir die Schritte nicht merken. Für mich ist es so, als würde ich den Tanz gerade erst lernen." Die beiden kommen beim nächsten Tanz auf ihre Kosten, schließlich steht der Lieblingstanz der Stader Gruppe an. Küchenmeister erklärt den Gästen kurz, wie "Dreh dich weiter Ballerina" funktioniert. Dabei zahlt sich das Training der Senioren aus: Bereits nach wenigen Sätzen sitzt die Abfolge. Paare stehen sich in einem großen Kreis gegenüber, einen Schritt nach vorn, zwei zur Seite und dann werden die Positionen mit einer Halbdrehung gewechselt. So muss jeder einmal mit jedem tanzen.

Küchenmeister wacht mit Adleraugen über ihre Schüler und korrigiert immer mal wieder die Senioren. "Frau Küchenmeister ist sehr geduldig mit uns. Sie war ja früher auch Lehrerin", sagt Margot Bleißner, die seit fünf Jahren dabei ist. Trotzdem sei sie genau und streng bei den Schrittfolgen.

Wer mittanzen möchte, meldet sich unter Tel. 04141/92 21 95 oder kommt direkt zum Tanzkreis. Im August und September ist Sommerpause.