Zwischen Stade und Buxtehude lockten Oldtimer zahlreiche Fans auf die Straße.

Stade. Spätestens bei der dritten Ortsdurchfahrt ist klar: Heute sind wir die Stars. "Wir" - das sind alle, die an diesem Tag mit einem alten Auto durch den Landkreis Stade rollen. Fast 170 Fahrzeuge sind bei der dritten Auflage der Oldtimerrallye Niederelbe-Classics am Start - mit dabei ist auch das Team mit der Startnummer 51, Rolf Lepstück (56) und Karin Aval (53) aus Stade.

Es ist 9.30 Uhr am Sonnabendmorgen: Rolf Lepstück startet die 106 Pferdchen des Sechszylindermotors in seinem Mercedes-Benz 220 S, Baujahr 1958. Das schwarze Auto mit den vielen Chromteilen außen und innen rollt zum Vorstart auf dem Parkplatz am Stadeum. Zuvor gibt es noch die Rüge eines anderen Teilnehmers - alle Autos seien frisch gewaschen und poliert, bloß Lepstücks Mercedes nicht. Der setzt aber auf die inneren Werte des 51 Jahre alten Wagens, den er auch im Alltag nutzt - "außer bei Schnee und Glatteis".

Seit 20 Jahren sind Lepstück und sein in Insiderkreisen wegen der Form schlicht als "Ponton" bezeichneter Mercedes ein Herz und eine Seele. Schließlich hat Lepstück in den damaligen Scheunenfund eine Menge Arbeit gesteckt. Heute wirkt der Wagen wie für die Ewigkeit gemacht. Kein Wunder, dass die technische Abnahme - Hupe betätigen, Warnblinker einschalten, und einmal kräftig bremsen bitte - problemlos bestanden wird. Der Mann an dem großen elfenbeinfarbenen Lenkrad ist ein Profi: Rolf Lepstück ist Automobilrestaurateur mit Schwerpunkt Mercedes-Benz und mit einem eigenen Fachbetrieb für Oldie-Technik in Stade-Ottenbeck.

Für beide sei es die erste Oldtimerrallye, erklärt Karin Aval vor dem Start, gemeinsam Spaß zu haben sei viel wichtiger als etwaige Erfolge. Ohne große Vorbereitung, bloß eine Stoppuhr wurde angeschafft, macht sie sich an die schwierige Aufgabe, anhand eines Bordbuches mit vielen kleinen Skizzen die richtige Strecke auszutüfteln. Vom Stadeum aus geht es zunächst in die Stader Altstadt - beim Kran am Fischmarkt ist der offizielle Start. Hier gibt es bereits einen Vorgeschmack auf das, was die Teilnehmer im weiteren Verlauf des Tages erwartet: Zahlreiche Menschen sind gekommen, um die tollen alten Autos zu bestaunen und die Teams zu begrüßen.

So geht es weiter - ob in Hagen, Hollenbeck, Wedel oder Nottensdorf, vielerorts herrscht Volksfeststimmung: Winkende Menschen am Straßenrand, Frauen in Trachten, Kinder mit Blumen und Fähnchen, Hobbyfotografen, die die vorbeifahrenden Autos im Bild festhalten, und ganze Straßen, in denen die Bewohner die Gartenmöbel vors Haus gestellt haben, um dabei zu sein. Das ist Begeisterung pur, und manchem Teilnehmer läuft dabei ein Schauer über den Rücken. In Fredenbeck sind Buden wie beim Jahrmarkt aufgestellt, in Harsefeld steht Moderator Carlo von Tiedemann am Mikrofon, während die Autos eine Runde durch den Ort drehen, und immer gibt es ein freundliches Wort von den Helfern an den Kontrollstellen.

Bei so viel Enthusiasmus spielt es kaum eine Rolle, dass nicht überall sofort die richtige Strecke gefunden wird. Auf einem holprigen Feldweg irgendwo bei Agathenburg kommt die Natur beiderseits am Wegesrand dem Wagen bedrohlich nahe - welch ein Trost, dass Volvo und Porsche vor uns und manch weiteres Team im Rückspiegel ebenfalls falsch abgebogen sind! Da hilft nur rückwärts fahren, wenden und weitersuchen. Auch anderswo geht es gelegentlich drunter und drüber - vor allem, wenn dieselbe Strecke zweimal zu befahren ist. Wo es anschließend weitergeht, ist dann für viele ein Rätsel.

Doch schließlich ist gegen 13.30 Uhr Buxtehude erreicht. Hier wartet das Mittagessen auf die Teilnehmer. Nach dem Neustart vor dem Rathaus tourt der Rallye-Tross nachmittags noch durch das Alte Land, ehe die erschöpften Teilnehmer - reich an Eindrücken - abends wieder bei Start und Ziel in Stade ankommen und die Zeitreise in die 50-er Jahre zu Heinz Erhardt und Gert Fröbe, zu Chrom und Wirtschaftswunder für diesmal wieder zu Ende geht.