Für das Alte Land ist das Obst ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Bei seiner Produktion wird nichts dem Zufall überlassen.

Jork/Twielenfleth

Jeder dritte deutsche Apfel reift an der Niederelbe, im größten geschlossenen Obstanbaugebiet Europas. Kein Wunder also, dass im Alten Land in Sachen Apfelanbau schon lange nicht mehr auf Schicksal vertraut wird. Bevor, während und nachdem sich der Apfel am Baum dem Wachstum hingibt, arbeiten Forscher, Erzeuger und Vermarkter an der Optimierung der gesunden Frucht.

Das Obstbauversuchs- und Beratungszentrum (OVB) liegt recht unscheinbar zwischen Obstbäumen und Entwässerungsgräben in Jork-Moorende. Schaut Abteilungsleiter Rolf Stehr aus dem Bürofenster, blickt er auf 30 Hektar Anbaufläche mit 200 unterschiedlichen, neuen Sorten. "Wir prüfen, wie gut die Bäume auf das hiesige Klima reagieren, ob sie robust sind oder doch schnell Pflanzenkrankheiten bekommen." Der Großteil der Apfelbäume würde schon diesen Test nicht bestehen, so Stehr weiter. Die übrig geblieben Sorten würden in den Laboren auf Lagerungsqualitäten untersucht - und letztendlich auf den Geschmack. "Nur die Äpfel, die alle Tests bestehen, werden an die Obstbauern weiterempfohlen."

Stehrs prüfender Blick reicht aber noch weiter: "Wir sondieren in Sachen Apfel weltweit." Dabei hält ihn die Suche nach den neuesten Trends auf Trab. Doch seien sie auch ganz nah am Obstbauer, sagt Stehr. "Wir bieten unseren Kunden ein Rundumpaket zum Apfel." Seine Mitarbeiter flitzen los, sobald einer der insgesamt 1400 Kunden Probleme mit einem Schädling hat. "Zudem unterstützen wir die Obstbauern in ökonomischen und rechtlichen Fragen." Und natürlich würden sie über die Trends informieren. Aktuell ginge der in Richtung süßere Äpfel, je knackiger und fester umso besser. Sein Lieblingsapfel, der Jonagold, läge deshalb voll im Trend.

"Die Arbeit des OVB schätze ich sehr", sagt Obstbauer Gerd Lefers aus Jork. Der Obsthof Lefers baut auf 23 Hektar 20 verschiedene Apfelsorten an - Apfelbäume, so weit das Auge reicht. Seit sieben Generationen sei der Hof in Familienbesitz, gerade habe Sohn Cord die Geschäfte übernommen. "Ich mag meinen Beruf", sagt Lefers. "Jede Jahreszeit hat andere Herausforderungen. Und kein Jahr ist wie das andere." Neben Glück gehöre auch viel Können zu einer saftigen Ernte, sagt er. So wird Lefers im nächsten Jahr - ganz Trendgerecht - den Holsteiner Cox gegen 3800 Braeburnapfelbäume auswechseln. "Die ältere Apfelsorte Cox wird schnell mehlig, der Braeburn bleibt viel länger knackig und fest."

Lefers verlässt sich aber nicht allein auf seine Äpfel, obschon sie den Großteil auf seiner Plantage ausmachen. "Wir züchten auch Weihnachtsbäume, bieten Bosseltouren durch den Hof an und haben einen Hofladen." Der Großteil seiner Äpfel geht an Elbe Obst.

Elbe Obst vermarktet gegen eine kiloabhängige Gebühr die Erzeugnisse der Obstbauern aus dem Alten Land. Rund eine Milliarde Äpfel gehen im Jahr über die Sortieranlagen, ins Lager und schließlich mit Lastkraftwagen zu den Großhändlern.

"Wir arbeiten für 450 Obstbauern in der Region, die zwei Drittel des Anbaugebietes bewirtschaften, insgesamt 6000 Hektar", sagt Jens Anderson, Sprecher von Elbe Obst.

"Wir empfehlen den Obstbauern auch Sorten, da wir durch den Kontakt mit den Großhändlern die Nachfrage am Markt kennen", so Anderson und zeigt auf einen Lkw mit einer großen Werbebeschriftung, der auf dem Hof der Erzeugergemeinschaft geparkt hat. "Aber nur, wenn der OVB die Sorte für "gut" befunden hat", ergänzt er.

Denn mit dem OVB würde Elbe Obst eng zusammenarbeiten, so Anderson weiter. Die Kooperation sei wie eine Produktionskette zu verstehen: Der OVB würde testen und beraten, die Obstbauern anbauen und Elbe Obst schließlich dafür sorgen, dass die Äpfel aus dem Alten Land beim Kunden landen.

Die viele Arbeit und der große Aufwand für die beliebten Früchte würden sich lohnen, sagt Anderson: "Die Äpfel aus dem Alten Land sind zu Recht eine Qualitätsmarke."