Hausbesuch bei Familie Lühmann: So gehen die Eltern mit der schweren Blutkrankheit ihres Sohnes um.

Hammah

Der kleine Jannis klappert vergnügt mit seiner bunten Rassel. Spielzeug, das Musik und Geräusche macht, fasziniert den sechs Monate alten Jungen besonders. Mit seinen blauen Augen beobachtet er aufmerksam seine Umgebung, wie es Babys in seinem Alter tun. Alles wirkt wie bei anderen Säuglingen auch.

Doch Jannis aus Hammah ist bereits von seiner schweren und lebensbedrohlichen Krankheit gezeichnet. Sein Gesicht ist vom Kortison, der Chemotherapie und weiteren schweren Medikamenten geschwollen. Der Kleine leidet an der Erkrankung Hämophagozytische Lymphohistozytose, kurz HLH, die das blutbildende System angreift. Um wieder vollkommen gesund zu werden, braucht der Junge eine lebensrettende Stammzellentransplantation. Bisher wurde allerdings kein passender Spender gefunden.

Das soll sich mit der Typisierung am Sonnabend, 6. Juni in Hammah ändern. Zwischen 11 und 17 Uhr kann sich jeder im Alter von 18 bis 55 Jahren in der Sporthalle in Hammah (Am Sportplatz) typisieren lassen. Die Daten werden in die Deutsche Knochenspenderdatei (DKMS) aufgenommen. "Wenn nicht Jannis geholfen werden kann, dann aber vielleicht einem anderen Patienten", sagt Mutter Sonja Lühmann. Bereits vor einigen Tagen hatten sich knapp 400 Mitarbeiter der Stader Stadtverwaltung und des CFK-Valleys typisieren lassen.

Weil jede Typisierung 50 Euro kostet und nicht jeder potenzielle Spender diesen Betrag zahlen kann, wird morgen von 11 bis 17 Uhr bei einem Benefizfest in Hammah Geld gesammelt. Das ganze Dorf ist auf den Beinen. Nachbarn verkaufen selbst gebackenen Kuchen, die Feuerwehr und Sportvereine zeigen ihr Können, Freunde schminken Kinder und führen sie auf Ponys. Im Landhaus Hammah gibt es zudem einen Flohmarkt.

In ganz Hammah gibt es nur noch ein Thema: Wie können wir Jannis helfen? Sogar Minderjährige würden ihre Eltern um eine Einverständniserklärung anbetteln, damit sie sich trotz ihres Alters typisieren lassen können, berichtet Sonja Lühmann. Schüler verteilten in der Stader Innenstadt Handzettel für die Aktionen. Bereits am vergangenen Wochenende sammelte der Schützenverein bei seinem Schützenfest mehr als 1000 Euro.

"Es ist Wahnsinn zu sehen, wie sehr wir unterstützt werden", sagt Jannis' Vater, Jens Lühmann. Der Zuspruch von Freunden, Verwandten und Arbeitskollegen gebe seiner Familie Kraft und Mut. Eine große Rolle spiele das Internet: "Informationen werden auf diese Weise schnell und breit gestreut verteilt, das ist super." Sogar aus Spanien und Singapur habe er schon elektronische Post bekommen.

Als Jannis zwei Monate alt war, wurde die Diagnose HLH gestellt. Zuvor hatte Familie Lühmann einen wahren Ärztemarathon absolviert. "Am Anfang war es Erleichterung zu wissen, was Jannis hat. Aber dann fielen wir in ein tiefes Loch", sagt Sonja Lühmann. Inzwischen hat sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Jens wieder Hoffnung geschöpft. Derzeit ginge es dem Kleinen den Umständen entsprechend gut. "Unser Stimmungsbarometer steht und fällt mit Jannis Gesundheitszustand", sagt die 29-Jährige.

Derzeit wird Jannis im Universitätsklinikum Eppendorf behandelt - überwiegend ambulant. Die meiste Zeit kann er bei seinen Eltern in Hammah sein. Dennoch gibt es bei der jungen Familie keinen Alltag im herkömmlichen Sinn. Jannis' Immunsystem ist sehr geschwächt, daher könnte er sich leicht bei anderen mit Krankheiten anstecken. Deshalb darf der Junge nicht unter Menschen. Die Kinderarztbesuche finden vor der regulären Sprechstunde statt. Einkaufen, Babyschwimmen, Krabbelgruppe - zu risikoreich.

Es werde, so sagen die Lühmanns, auch immer schwieriger, Jannis all die vielen Medikamente zu geben, weil er sie zunehmend häufiger ausspuckt. Das Ehepaar Lühmann betreut seinen Sohn fast rund um die Uhr. Nur manchmal springen die Großeltern ein. Gemeinsames Ausgehen ist praktisch nie drin. Aber das stört Ehepaar Lühmann nicht. Mittelpunkt ist Jannis. Ziel ist es, einen passenden Spender für Jannis zu finden und genügend Geld für die Typisierungen zu sammeln: "Wir denken in Typisierungen und nicht in Euro."

www.helft-jannis.de