Fernglas, Notizblock, gespitzte Ohren: Mehr brauchen Vogelkundler nicht, um eine spannende Exkursion zu erleben.

Buxtehude

60 Augen sind gespannt auf einen Vogel gerichtet. Jetzt bloß keinen Laut von sich geben, um das seltene Exemplar nicht zu vertreiben. Die meisten Hobby-Vogelkundler haben ihre Ferngläser gezückt, um die Attraktion des Tages näher vor Augen zu haben. Besonders aufgeregt ist Regina Aumann (52), die schnell ihre Fotokamera startklar macht und hastig auf den Auslöser drückt. "Meine erste Gebirgsstelze. Das ist ein tolles Erlebnis", sagt Aumann freudig erregt. Dieser Ausflug hat sich für die Teilnehmer wirklich gelohnt.

Wie jeden Dienstag im Frühling bietet die vogelkundliche Arbeitsgemeinschaft des Heimatvereins Buxtehude auch diesmal eine kostenlose Vogelstimmen-Exkursion an. Zwei Stunden dauert der Ausflug durch mehrere Biotope der Umgebung - Moore, Wälder und Flussufer. Irmgard Reincke, Guido Seemann und Michael Köhler leiten abwechselnd oder gemeinsam die Führungen. Treffpunkt ist jeweils der Buxtehuder Schafmarktplatz um 19 Uhr.

An diesem Dienstag ist die Este das Ziel der 30 Teilnehmer. Geredet wird wenig. Es geht ums Hören. Irmgard Reincke hat ihr Notizbuch parat und notiert jede Vogelart, die sie oder einer der Hobby-Ornithologen erkennt. Nach zehn Minuten sind bereits zehn Namen festgehalten. "Zia, zia, das ist ein Baumpieper!", sagt Reincke - Nummer elf im Notizbuch!

Viele der Teilnehmer sind offensichtlich richtige Experten, wenn es darum geht, Laute einem speziellen Vogel zuzuordnen. Regina Aumann zählt nach eigener Aussage nicht dazu. Die Landschaftsplanerin aus Stade ist erst zum zweiten Mal bei einer Vogelstimmen-Exkursion des Heimatvereins dabei. Den Vorteil dieses Ausflugs beschreibt sie wie folgt: "Gehe ich alleine raus, um Vögel zu erkennen, verpasse ich alles." Diesmal ist die Gebirgsstelze ihr Objekt der Begierde. Im vergangenen Jahr versuchte die 52-Jährige bereits, diese Singvogelart an der Aue zu entdecken - doch Erfolg hat sie erst jetzt.

Der jüngste Teilnehmer der Exkursion ist Finn Seemann. Der 13-Jährige spricht die erkannten Vögel auf ein Diktiergerät. Zu Hause schreibt er die Namen in ein Buch und verfügt so über eine ausführliche Dokumentation. Seit vielen Jahren interessiert er sich bereits für Vögel, wobei ihm Vater Guido, der die Ausflüge leitet, stets gute Tipps geben kann.

"Natur ist für mich alles. Es ist einfach traumhaft hier draußen", so Elisabeth Reinhardt (70). Die frühere Schneidermeisterin ist seit fünf Jahren bei den Exkursionen dabei und freut sich an diesem Tag darüber, sieben Vögel erkannt zu haben. Sie war auch schon einmal bei einer Frühtour des Heimatvereins dabei, die sonntags um 7 Uhr startet. Irmgard Reincke: "Morgens singen Vögel viel besser." An diesen Touren zu ungewöhnlicher Zeit sind nur etwa zehn Personen dabei, die aber meist doppelt so viele Vögel erkennen wie abends.

Am Jahresende werden alle gesichteten Tiere bei einer Übersicht des Deutschen Bundes für Vogelschutz notiert und gemeldet. Somit können Veränderungen der Artenvielfalt analysiert werden. Im vergangenen Jahr gab die Aktivgruppe 102 Arten an.

Die Leitung obliegt seit 1989 Irmgard Reincke, die seit Beginn des Angebots im Jahr 1976 an den Exkursionen teilnimmt. Sie freut sich, wenn Neuzugänge die Ausflüge bereichern, doch zu viele Personen könnten durch entsprechende Lautstärke dafür sorgen, dass weniger Vögel erkannt werden. "In der Vergangenheit habe ich Werbung in der Öffentlichkeit eher gebremst", sagt sie.

Nach der aktuellen zweistündigen Exkursion blickt sie erneut in ihr Notizbuch. Der letzte eingetragene Vogel steht hinter der Zahl 29. Reincke: "Dies ist einer mehr als im Vorjahr." Neben den erwarteten Goldammern und Baumpiepern sticht die Gebirgsstelze hervor. 2008 war sie während keines Ausflugs registriert worden.