Melbecker Unternehmen “Tec Hünert“ baut Fahrzeuge für Flughäfen und erfüllt dabei sogar auch Sonderwünsche für Scheichs und Könige.

Melbeck. Braucht der Mensch zum Besteigen eines Flugzeugs eine Gangway mit Rolltreppe? Die meisten unter uns Otto Normalfliegern werden diese Frage verneinen. Wozu gibt es schließlich die modernen Terminals mit ihren flexiblen Brücken. Und wenn man doch mal auf dem Vorfeld einsteigen muss, dann bringen einen die 20 zu erklimmenden Stufen bis zur Einstiegsluke auch nicht um. Könige und Despoten sehen das ganz anders. Für sie ist die Gangway mit Rolltreppe praktisch ein Statussymbol. Was die Mitarbeiter der kleinen Firma Tec Hünert in Melbeck bei Lüneburg über alle Maßen freut. Denn dieser Luxusartikel im Wert von rund 500 000 Euro steigert Umsatz und Gewinn.

"Die Escalators sind auf den Flughäfen dieser Welt noch immer eine Rarität", sagt Geschäftsführer Udo Junker. Rund um den Globus gebe es nicht mehr als 20, höchstens 25 Stück. Davon ist etwa die Hälfte am Rande der Heide entstanden. Das erste Modell wurde vor 30 Jahren in der Lüneburger Firma Dahms gebaut. Übrigens für Leonid Breschnew, den greisen Staatschef der Sowjetunion.

Richtig in Schwung kam das Geschäft mit den teuren Rolltreppen aber erst 1997. Da orderte der saudische König Fahd gleich fünf der speziellen Gangways beim Gödenstorfer Stahlbauer Hünert. Der seine Airport-Sparte fünf Jahre später an Junker verkaufte. "Eine Treppe hat König Fahd irgendwann dem ägyptischen Machthaber Husni Mubarak geschenkt", erzählt Junker. Was wiederum zu einem Anschlussauftrag führte, als sich Mubarak vor drei Jahren einen neuen Flieger gönnte. Junker: "Da passte das alte Modell nicht mehr, weshalb er gleich zwei neue Rolltreppen bei uns orderte, sicher ist sicher."

Abgenommen hat sie in Kairo ein gewisser Ahmed Mohamed Shafik. Seinerzeit war er Mubaraks Verkehrsminister. Heute ist Shafik Präsidentschaftskandidat. "Natürlich hatten wir einige Sorge, dass wir durch die Ereignisse des arabischen Frühlings auf unseren Herstellungskosten sitzen bleiben würden", sagt Junker. Zum Glück sei die Rechnung aber noch vor dem Sturz des Mubarak-Regimes in voller Höhe beglichen worden.

Vom Geschäft mit den luxuriösen Gangways allein könnte Tec Hünert freilich nicht leben. Zumal die Kündigung der ursprünglich angemieteten Produktionsflächen in Gödenstorf zum Ende des vergangenen Jahres einen Umzug nach Melbeck erforderlich machte. Dort übernahm der 52-jährige Junker, dem die Firma gehört, eine 4000 Quadratmeter große Halle. Sie bietet seinen 30 Mitarbeitern, zu denen Ingenieure, Metallbauer und Elektrotechniker gehören, nicht nur deutlich mehr Platz, auch eine nagelneue Kran-Anlage und eine Lackiererei.

"Pro Jahr werden bei uns etwa 100 Tonnen Stahl verbaut", sagt der Technische Leiter Ulrich Witthöft, 60. Daraus entstehen größtenteils Passagiertreppen. Allein 2012 werden es insgesamt 40 sein, so viel wie nie zuvor. Für Airports in Europa, aber auch auf der arabischen Halbinsel und im fernen Osten. Zur Produktpalette von Tec Hünert zählen überdies weitere Flughafenbodengeräte wie Service- und Wartungstreppen sowie Spezialfahrzeuge für den Transport von Gütern und Gepäck.

Einen Namen hat sich die Firma aber vor allem auch mit seiner Rettungstreppe für Flughafen-Feuerwehren gemacht. "Die Idee für solch einen speziellen Aufbau entstand 1997/98 bei der Feuerwehr auf dem Airport Frankfurt/Main", berichtet Witthöft. Zuerst habe man eine alte Treppe modifiziert, sei aber mit dem Resultat nicht zufrieden gewesen. "Also haben wir uns mit den Ingenieuren hingesetzt und diese Spezialkonstruktion bis zur Serienreife entwickelt." Und das selbst für moderne Riesenvögel wie den A 380.

Das Projekt stellte eine besondere Herausforderung dar, weil die Feuerwehren bei Notfällen innerhalb von drei Minuten an jedem Punkt des Flughafens sein müssen. "Der Aufbau durfte deshalb in Größe und Gewicht weder die Geländegängigkeit des Chassis, noch die Geschwindigkeit beeinträchtigen", berichtet Witthöft. Die Treppe musste andererseits aber auch in der Höhe äußerst variabel sein.

Nach zwei Jahren und etlichen Entwürfen war das Modell ausgereift. Heute kann die Rettungsplattform im Höhenbereich zwischen 3,10 und maximal 8,50 Meter eingesetzt werden. Und ist mit Tempo 105 auch äußerst schnell transportierbar. "Das eröffnet über die rasche Evakuierung von Passagieren aus havarierten Maschinen alternativ zu den bekannten Rettungsrutschen hinaus ganz neue Einsatzmöglichkeiten", sagt Geschäftsführer Udo Junker.

Schon gäbe es zum Beispiel Gedankenspiele, die Rettungstreppe auch bei der Terrorismusbekämpfung einzusetzen, etwa bei einer Flugzeugentführung. "Oder wenn nach dem Boarding Passagiere mit akuten Gesundheitsproblemen schnell wieder aus der Maschine geholt werden müssen", so Junker.

Wie auch immer: Die Rettungstreppe von Tec Hünert hat sich längst auf den Flughäfen der Welt etabliert. Alle großen in Deutschland haben eine, aber auch etliche andere Airports in Europa und China.

Udo Junker: "Gerade sind zwei neue Aufträge aus Dubai und einer aus London unter Dach und Fach. Wir schauen optimistisch in die Zukunft. Und werden uns schon bald um neue Kollegen bemühen."