Fünf engagierte Café-Inhaberinnen aus der Region setzen auf Kuchen und Torten. Sie sind mit unterschiedlichen Konzepten erfolgreich.

Frauenquoten in Führungspositionen? Bei Cafés kein Thema. Das Kaffee- und Kuchengeschäft ist fest in weiblicher Hand. Wir haben fünf neue und alte Ziele in der Region getestet und ebenso viele engagierte Inhaberinnen getroffen.

Café Schnittchen in Schneverdingen

Auf dem Weg ins Naturschutzgebiet Höpental können Sie sich seit Anfang März bei Bärbel Busch stärken. Im Heideort Schneverdingen hat sie sich mit dem Café Schnittchen selbstständig gemacht. In Sachen Backwaren macht ihr keiner was vor. Früher hat sie hinterm Tresen einer Bäckerei gestanden, danach lange Zeit im Pflegedienst gearbeitet und sich jetzt den Traum vom eigenen Café erfüllt.

Das besteht aus 70 Quadratmetern mit 30 Plätzen. Klein, aber fein. Leider fehlt ein Außenbereich für schöne Tage. Dafür gibt's Frühstück, Kaffeeklatsch und viele schöne Details. Die Karte wurde liebevoll aus Kaffeefiltern gebastelt, die Einrichtung im schwedischen Landhausstil gehalten. Weiß mit Blümchen. Helle Karos. Hallo Ikea! Mama Elisabeth, 78, hat jede Tischdecke handgenäht, genauso wie die dekorativen Stofffische. An einigen der weißen Holzstühle hängen Halter für Zeitschriften, an der Wand steht ein Bücherregal, dazu gibt es Lesebrillen. Bärbel Schulz hat an alles gedacht.

Das "Beste Freundinnen-Frühstück" verrät ihre Zielgruppe: Genießerinnen, die mit einem Piccolo, Brot und Brötchen, Tomate, Mozzarella, Landschinken, Camembert, Salaten, Konfitüre, Rührei und Butter für 16,50 Euro in den Tag starten. Besten Kumpels verspricht die Chefin eine Flasche Bier. Immerhin. Frühstück wird in verschiedenen Varianten den ganzen Tag serviert.

Die namensgebenden Schnittchen haben sich schnell als Ladenhüter erwiesen. Geschnitten werden jetzt nur noch Kuchen und Torten. Je nach Saison und ab 2,20 Euro pro Stück. Der Kaffee dazu stammt aus einer Rösterei vor Ort, die Tee-Spezialitäten aus dem Hause Ronnefeldt. Käse, Wurst und Backwaren - eingekauft wird bewusst bei einheimischen Erzeugern.

+++ Lieblingsrezepte der kreativsten Tortenmacherinnen +++

Mein Café in Hanstedt

Elke Winkler kann nach einem Jahr Selbstständigkeit bereits ein Fazit ziehen. "Ereignisreich, arbeitsintensiv und die Erwartungen übertroffen", resümiert die Quereinsteigerin. Auf die Idee mit dem Café kam sie bei einem Seminar für Selbstständigkeit. Die gelernte Hotelfachfrau verkaufte zuletzt Möbel. Beides kommt ihr und dem Ambiente jetzt zugute. Nach der Standortwahl folgte das Corporate Design, ein einheitliches Erscheinungsbild in himmelblauem Farbton, der sich in Logo, Servietten, Tischsets, Teppichen, Schürzen und sogar den Schuhen der Inhaberin wiederfindet. Die hat ein Faible für schöne Dinge. Das Backwerk landet auf edlem Kahla-Porzellan, die Gäste wahlweise auf braunen Hussen, dänischen Designerstühlen oder draußen auf der Terrasse.

Passend zum Himmelblau: die Wölckchentorte, einer der süßen Bestseller in "Mein Café". Doppelter Tortenboden, oben eine Baiserschicht und dazwischen wahlweise Zitronen- oder Himbeersahne. Am Wochenende dürfen die Ausflugsgäste bis zu 12 Sorten erwarten. Besonders die Auswärtigen ordern Buchweizentorte, den Klassiker für 2,90 Euro pro Stück. Der Tag besteht aus Frühstück, Mittagssnacks und Kaffeekultur. Events sollen für Abwechslung sorgen.

Normalerweise werden 12 Tortenportionen aus 28-cm-Durchmesser geschnitten. Es sei denn, es handelt sich um den letzten Sonntag im Monat. Dann steht Probierbuffet auf dem Programm. Kleinere Stücke zum Testen und Sattessen mit Kaffee für nur 8,90 Euro lautet ihr Angebot. Schlechtes Gewissen nach den süßen Sünden? Elke Winklers Lösung heißt Bewegung. Ab sofort findet bei ihr jeden Freitag ein Salsa-Tanzkursus statt mit DJ Eri aus Kuba. Und Achtung, die Damen: Ein Tanzpartner kann gestellt werden!

Moorbahn Café in Tiste

Weiter westlich bei Sittensen sorgt die Moorbahn für Bewegung. Sie fährt Besucher durch das Tister Bauernmoor, zusammen mit dem Ekelmoor auf 1220 Hektar das zweitgrößte Naturschutzgebiet im Landkreis Rotenburg. Nach der Einstellung des Torfabbaus haben sich Seeadler, Gans und Ente das Revier zurückerobert. Im Herbst kommen viele Sehleute in das EU-Vogelschutzgebiet, um bis zu 5000 Kraniche auf ihrer Zwischenstation in den Süden zu beobachten. Ende der 90er-Jahre hat sich der Verein Moorbahntreff gegründet, um Besucher die einzigartige Natur zu zeigen.

Seine Mitglieder kommen aus dem benachbarten Burgsittensen und sind ehrenamtlich tätig. Die Männer sind dafür zuständig, dass die kleine Moorbahn an Sonn- und Feiertagen um 13.30 Uhr und 15.30 Uhr Gäste durchs Bauernmoor fährt. Die Fahrt dauert etwa eineinhalb Stunden und kostet fünf Euro pro Person - mit oder ohne Bahncard. Gruppenfahrten sind jederzeit nach Anmeldung möglich. Wanderwillige nutzen die Schwingrasenbrücke bis zum Aussichtsturm und erkunden die reizvolle Landschaft zu Fuß.

Davor und danach sorgen die Damen des Dorfes für das leibliche Wohl. Mitten in der Natur ist dank einer Sondergenehmigung das Moorbahn Café entstanden. An schönen Tagen sitzen Sie unter freiem Himmel direkt am Bahnsteig. Die Spezialität des Hauses heißt Moorwiesen-Torte, ein Dinkelbiskuit gefüllt mit Heidelbeer-Schoko-Holunderschmand (jedes Stück 2,60 Euro). Die Torte des Jahres wurde von der Blume des Jahres inspiriert: Heidenelke aus Biskuit gefüllt mit Himbeeren, Quark und Sahne auf luftigem Schoko-Haselnussboden. Das ist nichts für Gürtelengerschnaller!

+++ Adressen +++

Anna's Café in Lüneburg

Anna gibt's gar nicht. Anna ist Daniela Exner. Sie hat das Eckcafé am Stintmarkt 2009 übernommen und nennt die Gürtelweiterschnaller auch Kalorienvergesser und Auszeitsucher. Die bekommen "Essen für die Seele", verspricht die Gastronomin und weiß, warum sie ins Cafégeschäft gewechselt ist: "Keine Abend- und Nachtschichten mehr, keine Betrunkenen, wenig Nörgler, nur angenehme Gäste." Gründe für Kritik sucht man vergebens. Hier sitzen Oma und Enkel gemeinsam auf dem Sofa. Am Nebentisch zwei Studentinnen. Jung und Alt. Das Konzept funktioniert generationsübergreifend und soll Kindheitserinnerungen wecken. An Kuchen namens "Kalter Hund". An Silberbesteck und ein buntes Sammelsurium an Porzellan, aus dem der Kaffee getrunken wird. Mittlerweile schenken Gäste Daniela Exner ihre antiken Tassen- und Kannenschätze, um sie in Anna's Café wiederbeleben zu lassen. Bei all der wohldosierten Plüschigkeit punktet der Treffpunkt mit zeitgemäßer Nachhaltigkeit. Fürs gute Gewissen wird Viva con Agua ausgeschenkt, eine Hamburger Wassermarke, die sich für die Trinkwasserversorgung in Entwicklungsländern engagiert. Blechkuchen schlägt Sahnetorte 10 zu 2, vor Ort gebacken von Simone Behrens. Dazu genießt das moderne Cafévolk geeisten Cappuccino, Chaitee oder eine Tasse heiße weiße Schokolade. Beeindruckend: Sie haben die Wahl aus 30 losen Teesorten, stilvoll inszeniert samt Glastasse, Teeuhr und Kandis. Witzig: Die Karte versteckt sich in alten Merian-Heften. Darin auch ein paar herzhafte Dinge wie Flammkuchen (ab 5,70 Euro), Pfannkuchen mit mediterraner Gemüsefüllung (6,90 Euro) oder Ingwer-Karottensuppe (4,50 Euro). "Alles frisch selbst gemacht, ohne Fertigprodukte", betont die Chefin.

Café im Goebenhaus in Stade

Dienstag, 9.30 Uhr. Der Alte Hafen erscheint vor Geschäftsbeginn noch etwas verschlafen. Was sich im Goebenhaus tut, hat mit morgendlicher Müdigkeit nicht viel zu tun. Das historische Fachwerkhaus am Schwedenspeicher ist voll. Hinter den Kulissen sind Jana Rotsolk und Sabine Engert dabei, zu schnibbeln und zu schneiden. Es hat sich herumgesprochen, dass sie 13 verschiedene Frühstücke köstlich-kreativ anrichten. Ich bestelle die "Morgens gut drauf"-Variante für 9,20 Euro. Wenig später steht vor mir ein quadratischer Teller mit dekorativem Stillleben. Eine Komposition aus Räucherlachs auf Rucola an Kräuterquark, zwei kleine Pfannkuchen mit Ahornsirup und gebratenen Apfelsinenscheiben, ein Obstsalat, Müsli und ein Klacks Joghurt, Schinken-Spargel-Röllchen, daneben ein Fitnessbrötchen, ein Dinkelbrötchen und Butter.

Verantwortlich für diese Vielfalt ist Anke Romund-Völckers, dienstälteste Café-Besitzerin auf unserer Tour. Das Café im Goebenhaus eröffnete sie bereits vor 26 Jahren. Davor lebte sie drei Jahre in New York und hat für amerikanische Restaurants Käsekuchen gebacken. Aus den USA hat sie das Diner-Konzept inspiriert: morgens Frühstück, mittags kleine Gerichte mit Salat, nachmittags Kaffee und Kuchen. Das funktioniert noch immer. Das Ambiente erscheint als genaues Gegenteil. Bis zu 45 Gäste sitzen drinnen in uriger Fachwerkatmosphäre. Über ihren Köpfen freigelegte Deckenfresken aus dem 18. Jahrhundert. An den Wänden wechselnde Kunstausstellungen. Vor der Tür noch mal so viele Sitzgelegenheiten mit Panoramablick auf Hafen und Altstadt. Die schweren amerikanischen Torten hat sie nur noch selten im Angebot.