Beim Wikingermarkt in Jork erlebten am Wochenende rund 9000 Gäste, wie sich die Nordmänner vor mehr als 1000 Jahren eins auf die Mütze gaben.

Jork. Ein Horn ertönt in weiter Ferne. Für Eric und die anderen Männer des Dorfes bedeutet dies nur eines: Einen schnellen Griff zu Schwert, Helm und Schild und mit den anderen in dem hölzernen Burgwall auf die Ankunft der Feinde warten. Das Dorf muss gegen den Eindringling verteidigt werden, und koste es das eigene Leben.

Wenig später: Ein Schiff legt an und heraus stürmt eine Schar Bewaffneter, die den angeblich fälligen Tribut des Dorfes einfordern will. Doch Eric und seine Mannen lassen sich nicht darauf ein. Es kommt zum blutigen Kampf, Mann gegen Mann, bei dem Eric und seine Mannen die Oberhand behalten. Das Dorf ist gerettet, 3000 Gäste, die das Spektakel verfolgt haben, applaudieren begeistert.

Es ist Wikingermarkt in Jork. Rund 450 Darsteller aus vielen Ecken Europas haben sich an diesem Wochenende in Wikinger verwandelt. Was sie bieten, ist eine Mischung aus Unterhaltung und Anschauungsunterricht in Geschichte. "Wir wollen möglichst authentisch die Wikingerzeit darstellen", sagt Mitorganisator Jan Gerdes. "Neben dem kriegerischen Aspekt wird daher auch Handwerkliches gezeigt und auch original frühmittelalterliche Musik geboten", sagt Gerdes.

Höhepunkt des Spektakels: Eine rituelle Feuerbestattung des in der Schlacht gefallenen Häuptlings. Das habe, so Gerdes, sogar Wissenschaftler angelockt. "Die wollen sich einmal anschauen, wie unsere Interpretation der Rituale ist. Das ist auch für uns eine Premiere." Die Bestattungsrituale der Wikinger geben immer noch Rätsel auf, aber auch vieles andere aus der Wikingerzeit ist alles andere als gesichertes Wissen.

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Noch immer forschen Historiker und Archäologen, um das Leben der Nordmänner zu entschlüsseln. Sicher ist: Wikinger waren keine feste Gruppe, sondern eine lose Gemeinschaft von Stämmen aus dem skandinavischen Raum. Für die Chronisten des Mittelalters waren sie der schlimmste Albtraum. Sie versetzten zwischen den Jahren 800 und 1000 ganz Europa in Angst und Schrecken. Denn mit ihren wendigen Langschiffen tauchten die Wikinger blitzartig an den Küsten und Ufern auf, auch an der Elbe. Bis an die Zähne bewaffnet eroberten sie Dörfer, plünderten Klöster, versklavten die Bewohner und brannten nieder, was sie nicht mitnehmen konnten. So berichten es zumindest die Quellen der Klöster, die über die Überfälle berichten.

Doch der Krieg war nur eine Seite der Medaille. Wikinger waren in Mitteleuropa nicht nur mit kriegerischen Absichten unterwegs. Sie waren vor allem auch Händler, die Küstengebiete und Inseln ansteuerten, diese zum Teil auch kolonialisierten und in Europa und im Orient ein dichtes Handelsnetz errichteten. Für diese fahrenden Händler war der Krieg nur ein Nebenaspekt des Lebens. Sie wollten vor allem Geschäfte machen. Sie tauschten Honig, Wachs, Bernstein, Felle, Tierhäute und Waffen gegen Edelmetalle, Silber, Seide, Brokat, Gewürze, Sklaven aber auch Helme und Rüstungen, die in Skandinavien nicht zu bekommen waren.

Auch wenn die skandinavischen Gebiete rau waren, die Kultur der Wikinger war reich. Handwerklich leisteten sie Beachtliches, Holz- und Metallarbeiten beherrschten sie hervorragend, ihre Kunstarbeiten waren in Europa bekannt. Wie gut sie das Kunsthandwerk beherrschten, das durften die etwa 9000 Zuschauer, die an den drei Tagen zum Fest kamen, hautnah erleben. Metallschmiedearbeiten, Holzschnitzereien, Textilarbeiten und das Herstellen von Seilen wurden ebenso gezeigt wie die Schwertkämpfe.

Die Veranstalter waren letztlich zufrieden mit dem Ablauf des Festes. Die Gäste kamen auf ihre Kosten, und auch die kostümierten Darsteller hatten ihren Spaß. Beste Voraussetzungen für eine Fortsetzung im kommenden Jahr.