Das Jubiläum begeht der Schützenverein mit einer rauschenden Feier. Von Himmelfahrt, 17.05., bis Sonntag, 20.05., sind zahlreiche Festakte geplant.

Estebrügge. Jochim Gevekoth war der erste in einer langen Reihe von Schützen, die in Estebrügge zum Schützenkönig proklamiert wurden. 1612 war das, und deshalb wird in diesem Jahr am verlängerten Himmelfahrtswochenende in dem Altländer Dorf nun ganz groß gefeiert - 400 Jahre besteht die "Schützengilde von Estebrügge und Umgegend von 1612 e.V."

Ein seltenes Jubiläum, auch wenn die Estebrügger Schützengilde in der Reihe der ganz alten Vereinigungen nicht an vorderer Stelle steht. Als ältester deutscher Schützenverein und ältester deutscher Verein überhaupt gilt die Aachener "Karlsschützen-Gilde vor 1198". Sie soll 799 von Kaiser Karl gegründet worden sein und ist demnach schon über 1200 Jahre alt. Auch hier in der Region gibt es ältere Zusammenschlüsse - 1220 wurde in der heutigen Stadt Bad Bevensen eine Gilde gegründet, die bis heute existiert. Die Schützengilde der Stadt Buxtehude blickt bis ins Jahr 1539 zurück.

Während die ersten Schützenvereinigungen in Deutschland als Bruderschaften oder Gilden zumeist zum Schutz der Heimat vor Feinden oder Räubern ins Leben gerufen wurden, sei dies in Estebrügge anders gewesen. Der Erbauer der Esteburg, der Erzbischöfliche Rat und Gräfe des Alten Landes Diederich Schulte, habe die Schützengilde 1612 "nicht aus Verteidigungsgründen, sondern als Spaßgesellschaft" gegründet, so Uwe Köpke, seit zwölf Jahren erster Vorsitzende der Gilde.

Die verbreitete Annahme, es habe sich auch in Estebrügge um eine Bürgerwehr gehandelt, stimmt nicht. Dies hätten Archivrecherchen ergeben. Köpke: "Uns kann das ebenso Recht sein." Und Spaß haben die 320 Estebrügger Schützen noch heute - vor allem natürlich beim alljährlichen Schützenfest.

Vor hundert Jahren war das Jubiläumsfest noch mit Kanonenschlägen eröffnet worden, Dampfschiffe brachten 1912 die Besucher von Buxtehude, Blankenese und von den St. Pauli-Landungsbrücken zur Dampfschiffstation Estebrügge. Auf dem damaligen Plakat wurde besonders erwähnt, dass auf dem Festplatz und in den Zelten "elektrische Beleuchtung" brannte.

Es brannte auch 1989 in Estebrügge: Damals wurde der Schießstand ein Raub der Flammen, zerstört wurden auch Andenken an die lange Geschichte der Gilde: Viele Plaketten und Pokale überstanden das Feuer nicht. "Wir haben wieder von vorn angefangen", erinnert sich Uwe Köpke. Mit viel Eigenleistung der Mitglieder wurde der Schießstand neu aufgebaut.

Gefeiert wird das Schützenfest ab Himmelfahrt einschließlich des folgenden Wochenendes. Zum Auftakt steht in diesem Jahr ein Sternmarsch mit Musik auf dem Programm. Aus verschiedenen Richtungen kommen die Schützen morgen um 14 Uhr zum Sportplatz Königreich, wo ein Festakt zum 400-jährigen Bestehen geplant ist. Uwe Köpkes größte Sorge gilt dem Wetter: "Bloß kein verregnetes Schützenfest", wünscht sich der Gildevorsitzende.

Ebenfalls auf dem Sportplatz in Königreich findet am Freitag, 18. Mai, um 22 Uhr ein Großer Zapfenstreich mit Feuerwerk statt. Das Kinderschützenfest beginnt am Sonnabend, 19. Mai, um 13.30 Uhr, die Jubiläumsdisco ebenfalls am Sonnabend um 21 Uhr. Am letzten Schützenfesttag, Sonntag, 20. Mai, treten ab 14.30 Uhr im Festzelt verschiedene Musikzüge und die Gruppe "Sambassion" auf.

Bis dahin ist die Identität des diesjährigen Nachfolgers von Jochim Gevekoth ein gut gehütetes Geheimnis: Geschossen wird in Estebrügge auf eine Scheibe - es zählt der beste Schuss. Jeder Bewerber schießt drei Mal auf die Scheibe, wer dem Zentrum nahe kommt, bekommt eine Stange mit einem Hut darauf gezeigt. So weiß der Schütze, ob er zu den aussichtsreichsten Kandidaten gehört. Neugier und Vorfreude steigern sich, und bei manchem wächst auch die Angst.

Doch Sorgen seien unbegründet, erklärt Köpke. Eine zu große finanzielle Belastung entstehe aus dem Königsamt kaum, da die Bewerber meist bereits im Vorwege Beiträge zu einer Königsversicherung gezahlt hätten. Auch mache das Königsjahr viel Spaß, bloß der "Zeitfaktor schreckt manche ab". Schließlich ist das Amt mit vielfältigen Verpflichtungen verbunden - der König und sein Gefolge besuchen Veranstaltungen des eigenen Vereins und Schützenfeste in benachbarten Orten. Silberne Löffel gibt es neben der Ehre in Estebrügge als örtliche Besonderheit auch zu gewinnen - sechs Stück bekommt der König. Ein alter Brauch, der trotz steigender Edelmetallpreise fortgeführt wird.

Während anderswo die Bewerber ausbleiben und mancher Schützenverein deshalb keinen neuen König proklamieren kann, gibt es - so Uwe Köpke - in Estebrügge genügend Interessenten. Der Vorsitzende gehört auch dazu: Uwe Köpke war noch nie Schützenkönig, er will es in diesem Jahr aber versuchen.