Lorella P. wird beschuldigt, fünf junge Männer zum Einbruch in das Haus eines Rentners angestiftet zu haben. Einer von ihnen wurde bei der Tat getötet

Stade/Sittensen. Hakan Y. sitzt auf der Anklagebank im Stader Landgericht. Er blickt den Vorsitzenden Richter Matthias Bähre an. "Wir hätten nie gedacht, dass das Ganze so endet", sagt der 25-jährige Angeklagte. Am 13. Dezember des vergangenen Jahres hatte er gemeinsam mit vier anderen jungen Männern den 77-jährigen Rentner Ernst Diedrich B. auf dessen Grundstück in Sittensen überfallen und ausgeraubt. Als die Täter flüchteten, schoss der Rentner ihnen mit einer Schusswaffe mehrfach hinterher. Dabei traf er einen 16-Jährigen, der auf diese Weise ums Leben gekommen ist.

Gestern startete der Prozess gegen die vier mutmaßlichen Räuber sowie Lorella P., 21 Jahre. Sie soll den Überfall geplant und die Verdächtigen angestiftet haben. Sie habe sich nach Aussage eines ihrer Verteidiger, Assessor Jörg Mäder, bereits umfangreich eingelassen. Das Geständnis soll im Verlauf der Verhandlung verlesen werden.

Die vier mutmaßlichen Räuber haben bereits vor Prozessbeginn gestanden. Sie hatten sich auch selbst bei der Polizei gestellt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, am 13. Dezember Ernst Diedrich B. auf seinem Grundstück in Sittensen überfallen und ausgeraubt zu haben. Zwei von ihnen sollen den 77-Jährigen gepackt und zu Boden gerissen haben, als er in den Abendstunden von seinem Haus zum Hundezwinger unterwegs war.

Die beiden sollen ihr Opfer ins Haus geschleppt haben und dort von ihm Schlüssel und Geld verlangt haben. Außerdem sollen sie ihn aufgefordert haben, den Tresor zu öffnen. Die anderen drei sollen das Haus nach Wertgegenständen durchsucht und dabei mehr als 3000 Euro Bargeld und eine goldene Uhr entwendet haben.

Allerdings sollen sie dabei auch die Alarmanlage ausgelöst haben. Anschließend sollen sie alle zur Haustür gerannt sein, die jedoch verschlossen gewesen sein soll. Daraufhin flüchteten sie über die Terrasse. Zwischenzeitlich soll der Hausbesitzer jedoch nach einer Schusswaffe gegriffen und den Räubern mehrfach hinterhergeschossen haben. Einer der Flüchtenden wurde dabei tödlich verletzt. Die übrigen Täter sollen mit einem schwarzen Alfa-Romeo geflüchtet sein. Auf dem Weg sollen sie ihre Masken und eine Soft-Air-Pistole aus dem Fenster geschmissen haben.

Der 77-jährige Rentner Ernst Diedrich B. muss voraussichtlich nicht mit einer Anklage rechnen. Die Staatsanwaltschaft Stade gehe zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon aus, dass er in Notwehr gehandelt habe, teilte Pressesprecher Kai Thomas Breas gestern mit. Das Eigentum des Opfers sei bedroht gewesen. Schließlich habe der 16-Jährige mehr als 2000 Euro aus dem Besitz des Rentners dabei gehabt. Der 77-jährige B. sei zum Tatzeitpunkt zudem auf Gehhilfen angewiesen gewesen.

Für Hakan Y. begann die Geschichte drei Tage vor der Tat. Er war erst kurz zuvor in seine alte Heimat, Neumünster in Schleswig-Holstein, zurückgekehrt. Am Freitagabend, den 10. Dezember, ging er zum Feiern in eine Diskothek in Neumünster. Dort habe er erstmals von einer Sache gehört, wo eine Menge Geld zu holen sei. "Aus Neugier habe ich zugestimmt", sagte Y. gestern.

Der Angeklagte Burhan K. hatte die Angeklagte Lorella P. schon wenige Wochen zuvor auf einem Geburtstag getroffen. Dort habe er sie gefragt, ob es sich lohne, Ernst Diedrich B. zu überfallen. "Sie hat ja gesagt, und dann haben wir Telefonnummern ausgetauscht", sagte K. vor Gericht. Am Sonnabend vor der Tat habe es ein Treffen zwischen den mutmaßlichen Räubern und Lorella P. gegeben. Sie habe ihnen eine Skizze des Hauses gegeben und ihnen heimlich im Haus gefilmte Videos auf ihrem Handy gezeigt. Später seien sie gemeinsam nach Sittensen gefahren, wo Lorella P. ihnen das Haus gezeigt habe. "Lorella hat uns gesagt, wir sollen Herrn B. fesseln und knebeln und im Notfall sogar töten", sagte Hakan Y. vor Gericht.

Als die fünf mutmaßlichen Räuber am Sonntag vor der Tat nach Sittensen fuhren, hätten sie sich jedoch darauf geeinigt gehabt, den Rentner nicht zu knebeln und ihm nicht weh zu tun, sagte Y.. Auch eine mitgebrachte Soft-Air-Pistole sollte nicht zum Einsatz gekommen.

"Sie wurde im Handschuhfach verstaut und blieb dort, bis ich sie aus dem Autofenster geworfen habe", ergänzte Burhan K.. Am Sonntag waren die mutmaßlichen Täter zwar beim Haus ihres späteren Opfers, sie handelten jedoch noch nicht. "Wir wussten nicht wie", sagte K.. Einen Tag später fuhren sie erneut nach Sittensen.

Sie legten sich vor dem Haus auf die Lauer. Als der 77-Jährige aus dem Haus kam, seien sie ohne viel zu überlegen losgestürmt, sagte Y.. Er bestätigte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, betonte aber während seiner Aussage immer wieder, dass sie im Haus des Rentners relativ planlos agiert hätten. Der Prozess wird fortgesetzt.