Bürger und Besucher sehen der geplanten Gestaltungsrichtlinie für die Innenstadt mit gemischten Gefühlen entgegen

Stade. Jasmin Koch schiebt ihren Kinderwagen durch die Stader Fußgängerzone. Sohn Lasse lässt sich kutschieren, Tochter Merle geht an der Hand mit. An diesem Tag hat die 30-Jährige kein Problem, die Stader Innenstadt zu durchqueren. Aber das ist nicht immer so. Normalerweise ist die Staderin mit einem Doppelkinderwagen unterwegs. Gerade wenn dann in der Innenstadt etwas mehr los ist, kommt sie an einigen Geschäften nur schwer vorbei. Grund ist eine Vielzahl von Warenständern oder Werbeschildern.

Mit der Änderung der Sondernutzungssatzung, die für das gesamte Stadtgebiet gilt, sowie einer zusätzlichen Gestaltungsrichtlinie für die Innenstadt will die Verwaltung der Stadt Stade dem Einhalt gebieten. Der Verwaltungsausschuss hat bereits zugestimmt, die Entscheidung des Rates steht noch aus. Das Thema steht am Montag, 10. Mai, auf der Tagesordnung. Insgesamt geht es der Verwaltung darum, dass die Innenstadt wieder ordentlicher wird.

So soll beispielsweise die Anzahl der Warenauslagen vor den Geschäften auf jeweils drei Ständer beziehungsweise Wagen beschränkt werden. Auch mobile Werbeträger wie Menütafeln oder Klappschilder sollen reduziert werden. Künftig dürfen die Betriebe nur noch jeweils einen dieser mobilen Werbeträger auf die Straße stellen. Haben mehrere Betriebe nur einen Zugang zur Straße, müssen sie sich auf ein Hinweisschild einigen. "Es macht Sinn, die Geschäftsauslagen zu beschränken", sagt Jasmin Koch. Ihrer Meinung nach sehe eine dezente Warenauslage ohnehin seriöser und eleganter aus.

Dörte Mortensen findet mit Blick auf die steigende Anzahl an Billigläden, dass "die Verramschung in Stade erschreckend zunimmt". Die Stadt könne ihrer Ansicht nach punkten, wenn sie sich davon abhebt und mit der Gestaltungsrichtlinie für Ordnung sorgt. Sie würde sogar noch weitergehen: "Für mich wäre die Radikallösung am besten. Zumindest sollte in so vielen Bereichen wie möglich eingeschränkt werden", sagt die 46-jährige Staderin.

Ähnlich sieht es Hariett Ebeling. Sie wohnt mit ihrem Mann Rainer seit zehn Jahren mitten in der Stader Innenstadt, und die beiden fühlen sich dort sehr wohl. Allerdings habe ihrer Ansicht nach die Anzahl der Warenauslagen vor den Geschäften in den vergangenen Jahren stark zugenommen. "Sie zerstören das Bild der Altstadt", sagt Ebeling. Als besonders störend empfinde sie die aufdringliche Präsentation einiger Billigläden. "Der 1-Euro-Shop zum Beispiel stellt alles in die Fußgängerzone", sagt sie. Dass dadurch ein Sicherheitsrisiko entstehe, sei für Ebeling dabei sogar noch entscheidender. Schließlich könnten gerade ältere Menschen stolpern und sich verletzen. Sie betont zudem, dass die Rettungswege für Krankenwagen und nicht blockiert werden dürfen. Deshalb befürwortet sie die Maßnahmen der Stadt.

Nicht nur Zustimmung für die Maßnahmen der Verwaltung

Doris Prott aus Schölisch findet einige der Warenauslagen in der Innenstadt nicht besonders ansehnlich. Zwar sei sie nicht so oft in der Stadt, und wenn, dann beachte sie die Auslagen gar nicht. Deshalb störe es sie auch nicht, wenn die Auslagen beschränkt werden und es "etwas ordentlicher ist".

Doch nicht alle befürworten den Vorstoß, per Richtlinie für mehr Ordnung zu sorgen. Elfriede Karberg ist vor zehn Jahren aus Hamburg nach Stade gezogen. Sie genießt das Leben in der kleinen Hansestadt. Für sie spielen die Geschäfte und Restaurants eine entscheidende Rolle. Sie füllen die Stader Innenstadt mit Leben und locken Menschen auf die Straße. Auch die Auslagen der Händler tragen ihren Teil dazu bei. "Man stöbert ja doch ganz gerne", sagt Karberg.

Deshalb störe es sie überhaupt nicht, dass die Geschäfte ihre Waren auf der Straße präsentieren. Sie sollten deshalb auch nicht eingeschränkt werden. Allerdings müsse ein Durchgang für Rettungsfahrzeuge und Fußgänger vorhanden sein. Da sieht die Staderin kein Problem: "Platz ist genug." Ähnlich sieht es Walter Dicke aus Stade: "Ich komme durch, die Feuerwehr kommt durch, also stört es mich nicht."

Isabell Farbowski hat nicht unbedingt Verständnis für das Vorhaben der Stadt. Die 26-Jährige findet es wichtig, dass die Geschäfte vor der Tür ausstellen. "Es fällt sofort ins Auge. Das finde ich auch gerade bei Billigläden gut", sagt Farbowski mit Blick auf Menschen, die weniger Geld zur Verfügung haben. Und weiter: "Ich finde, dass die Stadt dadurch lebt."

Die 15-jährige Kim Schmidt möchte auch in Zukunft nicht auf die Warenauslagen vor den Geschäften verzichten. "So kann man draußen auch gleich gucken, was es so gibt", sagt sie. Schon oft haben sie die Produkte vor dem Geschäft veranlasst, auch noch in den Laden reinzuschauen.

Zudem hat sie noch eine ganz praktische Erklärung, warum die Ständer und Waren vor der Tür bleiben sollen: "Wenn alles drin steht, dann ist doch überhaupt kein Platz mehr und man kommt zum Beispiel mit einem Kinderwagen nicht durch." Jan Stepczynski fühlt sich persönlich von den Auslagen und Werbeträgern nicht gestört. "Aber ich kann die Stadt auch verstehen, weil es gerade für die Touristen nicht so schön aussieht", sagt de 20-Jährige.

Ein wichtiger Grund für die Gestaltungsrichtlinie ist die optische Beeinflussung der historischen Altstadt. Auch mit Blick auf die Touristen sollen Warenauslagen künftig dem Stadtbild angemessen sein. Um diesen Ermessensspielraum einzuschränken, hat die Verwaltung der Hansestadt die Gestaltungsrichtlinie erarbeitet und einige Vorgaben für ein angemessenes Stadtbild schriftlich festgehalten.

Wolfgang und Ursula Walter machen gerade für einige Tage Urlaub in Stade. Das Ehepaar aus Uelzen ist das erste Mal zu Gast in der Hansestadt. "Ich finde es gerade schön, wenn die Geschäfte etwas ausstellen", sagt Ursula Walter. Allerdings dürfte es nicht zu eng werden und die Auslagen auch nicht "so stehen, dass man darüber fällt".