Engagierte Kehdinger nehmen am Landeswettbewerb teil. Im vergangenen Jahr wurden sie bereits zum Sieger im Landkreis Stade gekürt.

Wischhafen. Dörfer können Menschen zum Bleiben oder Zuziehen motivieren, wenn sie sich den aktuellen Herausforderungen stellen - das ist die Botschaft des Wettbewerbs "Unser Dorf hat Zukunft". Wie es um die Strukturen, die Lebensverhältnisse und ihre möglichen künftigen Entwicklungen steht, das haben Fachleute am Mittwoch in Wischhafen untersucht.

Die Kehdinger Gemeinde ist im vergangenen Jahr zum Kreissieger des Wettbewerbs im Landkreis Stade gekürt worden, jetzt geht es um die nächste Runde, den Start beim Landeswettbewerb. Die Gastgeber haben sich einiges einfallen lassen - Stellwände mit Fotos, Karten und Plänen, Büchertische mit touristischen und historischen Informationen, Kurzvorträge und eine Powerpoint-Präsentation. Holzfiguren als Abbilder Kehdinger Seeleute sorgen für Lokalkolorit in der Mehrzweckhalle direkt am Deich. Von außen schauen weidende Schafe neugierig durchs Fenster zu. Auf die Begrüßung bei Kaffee und Butterkuchen durch Bürgermeister Bernd Tietje folgt drinnen die Vorstellung des Ortes.

Dass Wischhafen Zukunft hat, da sind sich die Vortragenden einig. Sie beleuchten die Bereiche Zukunftsgestaltung, Planung, soziales und kulturelles Leben, Wirtschaft, individuelle dörfliche Strukturen sowie Natur und Landschaft. Dass Wischhafen mit Windkraft, Gebäudedämmung, Blockheizkraftwerken und Fotovoltaik auf den Klimaschutz setzt, wird erläutert, und Zukunftsprojekte werden präsentiert. Dazu gehören ein "Bildungshaus", das Kindertagesstätte, Grundschule und Bücherei unter einem Dach beherbergen soll, eine Hausarztpraxis mit Apotheke und ein Café mit öffentlichen Toiletten in der Ortsmitte.

Gemeindedirektor Edgar Goedecke macht deutlich: "In Wischhafen ist eine intensive Bürgerbeteiligung selbstverständlich." Die Mitwirkung möglichst vieler Akteure kommt gut an. Eine aktive Dorfgemeinschaft sammelt beim Wettbewerb Punkte: "Die Bevölkerung soll sich einbringen", sagt Helmut Neiß, Abteilungsleiter Regionalplanung im Kreis Rotenburg (Wümme), der die Reise der Bewertungskommission organisiert hat. Kinder wie Ältere sollen "ihr" Dorf vertreten, dazu sollen gleichermaßen Themen wie Natur oder Wirtschaft abgedeckt werden.

Die Kriterienliste für den Landeswettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft", den das niedersächsische Landwirtschaftsministerium ausgeschrieben hat, ist lang. Sie beinhaltet die wirtschaftliche Entwicklung wie auch die Infrastruktur, das soziale und kulturelle Leben, die bauliche Gestaltung, ökologische Aspekte und die Landwirtschaft. Betrachtet wird unter anderem, in welchem Zustand sich öffentliche und private Gebäude befinden, wie hoch der Leerstand ist und ob im Agrarbereich Vielfalt vorherrscht.

Sekundär seien die Preisgelder, die es zu gewinnen gibt. In erster Linie gewinne jedes Dorf durch die Teilnahme - dadurch, dass sich die Bewohner Gedanken machten, wo die Stärken und Schwächen liegen und was für die Zukunft angepackt werden sollte, um sich den Herausforderungen des demografischen Wandels zu stellen, erklärt Neiß. Alle drei Jahre gibt es den Wettbewerb auf Landes- und Bundesebene. In Niedersachsen nahmen auf Kreisebene über 200 Dörfer teil, jetzt erfolgt die Vorauswahl zum Landeswettbewerb in den vier Regionen Braunschweig, Hannover, Weser-Ems und Lüneburg - zu Letzterer gehört auch der Landkreis Stade. Vier Tage ist die Bewertungskommission hier unterwegs, elf Dörfer in den Landkreisen Uelzen, Heidekreis, Celle, Verden, Rotenburg (Wümme), Stade, Osterholz und Cuxhaven zeigen sich von ihrer besten Seite. Bis zu 100 Punkte werden in verschiedenen Kategorien vergeben, die vier bestplatzierten Dörfer aus der Region Lüneburg dürfen am Landesentscheid teilnehmen, der in der zweiten Jahreshälfte 2012 stattfindet. Die Besten der Landesentscheide starten dann im kommenden Jahr beim Bundeswettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft".

Es sei"erstaunlich viel", was Dörfer in Niedersachsen zu bieten haben, sagt Neiß. In Wischhafen überzeugt sich derweil die Kommission davon. Als Reaktion auf den Dauerregen hat die Gemeinde einen Bus organisiert - an Stelle des vorgesehenen Spaziergangs findet eine Fahrt durch das Dorf statt, mit Gemeindedirektor Edgar Goedecke als Gästeführer. Die kurze Rundreise führt vom Sportboothafen zum Fähranleger der Elbfähre, durch Hamelwörden zu den Torfabbauflächen im Moor und wieder zurück nach Wischhafen. Zwei Stopps am Kindergarten und am Kehdinger Küstenschifffahrtsmuseum sind vorgesehen, aber die Bewertungskommission winkt ab - keine Zeit. Mancher nimmt aber noch einen Kehdinger Apfel als Geschenk von Bürgermeister Bernd Tietje mit auf die Rückfahrt.