Schleswig-Holstein. Extra aus Hamburg kommen Bettina und Thies Seemann nach Büsum, um an der Nordsee mit ihrer Hündin Lina spazieren zu gehen. Der Grund sind nicht nur die Weite, die Nordseeluft und das Meer. Der Grund dafür ist Eva. Eva Rimkus bietet auf dem grünen Deich und am Strand eine besondere Form des Spazierganges mit Hund an: Physio to go sozusagen. Hundephysiotherapie zum Reinschnuppern, Ausprobieren und Nachmachen.
„In Hamburg ist es nicht so schön, und man kommt mal raus, wenn man nach Büsum fährt“, sagt Thies Seemann. Nun ja, er lebt mit Ehefrau Bettina und ihrer Hündin, einem Segugio Italiano, gar nicht mal so schlecht. In Blankenese haben sie das Falkensteiner Ufer vor der Tür, die Rissener Kiesgrube – schöne Orte, um mit dem Hund spazieren zu gehen. Dennoch fahren sie bei schönem Wetter regelmäßig rund eine Stunde am Dienstag nach Feierabend Richtung Norden für physiotherapeutische Übungen mit ihrer Jagdhündin – Meeresduft und Salz in der Luft inklusive.
Slalom und Spaziergänge: Physiotherapie für Hunde an der Nordsee
Dort auf dem Deich in Büsum, wo man aufpassen muss, nicht in Schafschiete zu treten, geht es zunächst in die Aufwärmphase mit einem kurzen Spaziergang. „Sport machen wir niemals ohne Aufwärmen“, sagt Eva Rimkus. Bei dem Spaziergang wirft sie gleichzeitig einen Blick auf das Gangbild der Hunde, kann so bereits mögliche Probleme erkennen. Wichtig zu wissen: „Eine Diagnose stellt immer der Tierarzt“, sagt sie.
Dann richtet die Hundephysiotherapeutin bunte Slalomstangen auf, durch die die Tiere im Wechsel gehen sollen. „Das fördert die Beweglichkeit der Wirbelsäule“, sagt Eva Rimkus. Daneben liegen bunte Balancekissen aus Gummi auf dem Gras. Die Hunde sollen sich mit den Vorderpfoten darauf stellen und möglichst dort verharren. Nicht jeder kann das auf Anhieb.
Kräftigungsübungen, Cooldown und zum Abschluss Massagen
Leckerlis helfen dabei, den Hunden zu vermitteln, was von ihnen erwartet wird. „Das ist eine super Kräftigungsübung, ohne dass die Gelenke beansprucht werden“, so Frau Rimkus. Grüne Hütchen markieren die Stelle mit den Sitz-Übungen. Am schrägen Deich geht es darum, dass sich der Hund drei- bis viermal hinsetzt und den Deich weiter hochgeht. „Das kräftigt die Hinterhand“, so die Expertin. Vierte und letzte Station ist die Ruhezone mit Wassernapf für die Tiere und etwas Theorie zum Übergewicht bei Hunden für die Menschen.
Nach den Übungen gibt es ein Cooldown mit Massagen. Dabei geht Eva Rimkus mit ihren Fingern vorsichtig den Rücken von Labradorhündin Summer entlang. Die scheint das sehr zu genießen und hält still. Neben Summer und Lina mit ihren Besitzern ist an diesem Dienstagabend noch Rhodesian Ridgeback-Dobermann-Mischling Paul dabei. Viel größer dürfe die Gruppe auch nicht sein, um jedem Tier gerecht zu werden.
„Spaziergang mit Physioübungen ersetzt keine Physiotherapie“
Eine Stunde Physio, das ist für Hunde ziemlich anstrengend. Körperlich und geistig. Mitmachen können alle Hunde, egal ob mit Beschwerden oder ohne, ob alt oder jung. Es soll vor allem Spaß machen. Aber: „Dieser Spaziergang mit Physioübungen ersetzt keine Physiotherapie“, sagt Eva Rimkus. Es gehe darum, mit Bewegung und Geräten die Hunde zu mobilisieren, die Muskulatur zu kräftigen und ein gesundes Gangbild wiederherzustellen oder zu erhalten. Und wie immer bei gemeinsamen Aktivitäten von Hunden und ihren Haltern verstärkt das die Bindung.
Alle drei Hunde, die heute dabei sind, haben durchaus ihre Baustellen. Lina war ein Zwingerhund in Italien und hat daher Beschwerden, Paul hat Rücken, und Summer hat ebenfalls Rückenbeschwerden, vor allem im Lendenwirbelbereich und war bereits in Behandlung. Die Beschwerden ihrer Hunde, vor allem aber die Liebe zu Büsum und zur Nordsee verbindet die Teilnehmer. „Ich war immer mit meiner Omi in Büsum und konnte endlich meinen Mann überreden, hier Urlaub zu machen“, erzählt Bettina Seemann. Petra Gassert ist mit Mann und Hündin von Schenefeld in die Nähe von Büsum gezogen, in St. Peter-Ording hat das Paar einen Dauercampingplatz.
Die Teilnehmer verbindet die Liebe zur Nordsee
Und Eva Rimkus ist vor vier Jahren aus Nordrhein-Westfalen in den Norden gezogen. Die ehemalige Erzieherin und Sprachtherapeutin hat umgesattelt auf Hundephysiotherapie und in Wesselburen bei Büsum ein neues Leben begonnen. Sie weiß, dass es hier im Sommer toll ist und im Winter dunkel und still ist: „Ich mag das sehr gern.“
Nach einer Stunde sind die Hunde müde. Bettina und Thies Seemann gehen noch eine Runde mit Lina auf dem Deich spazieren zur Entspannung, dann geht’s zurück nach Blankenese. „Wir kommen dann ganz beseelt nach Hause, haben Kraft getankt“, erzählt sie. Die „Physiogang“ kostet 23 Euro/Stunde, dienstags in Büsum, donnerstags jeweils 18 Uhr in St. Peter-Ording bei trockenem Wetter. Anmeldung: www.strandgang-hundephysio.de
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