Mordprozess

Patientenschützer fordern Konsequenzen aus Fall Högel

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Patientenmörder Niels Högel im Gerichtssaal.

Patientenmörder Niels Högel im Gerichtssaal.

Foto: dpa

Ex-Krankenpfleger wird wegen wegen 85-fachen Mordes verurteilt. Amtsärztliche Leichenschau soll verbindlich vorgeschrieben werden.

Osnabrück.  Die Deutsche Stiftung Patientenschutz dringt auf weitere Konsequenzen aus der Mordserie des ehemaligen Krankenpflegers Niels Högel, gegen den am heutigen Donnerstag in Oldenburg das Urteil erging. Der frühere Krankenpfleger hatte von 2000 bis 2005 an Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst viele Patienten mit verschiedenen Medikamenten zu Tode gespritzt. Der heute 42-Jährige war wegen 100 Morden angeklagt. Vorstand Eugen Brysch sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, um mögliche Täter abzuschrecken, müsse in Kliniken und Heimen eine Kultur des Hinschauens gelebt werden: „Dabei sind alle gefragt, vom Pflegehelfer bis zur Geschäftsleitung. Eine offene Fehlerkultur schafft kein Misstrauen, sondern stärkt das Team.“

Auch Bund und Länder müssten endlich Konsequenzen ziehen, forderte Brysch. Dazu gehörten länderübergreifende, einheitliche Lösungen für alle 2000 Krankenhäuser und 14.500 Pflegeheime. „Für alle Einrichtungen braucht es eine unabhängige und externe Anlaufstelle, bei der anonyme Hinweisgeber verdächtige Vorkommnisse melden können.“

Lückelose Kontrolle der Medikamentengabe

Brysch pochte außerdem auf eine lückenlose, standardisierte, elektronische Kontrolle der Medikamentenabgabe. Auch müsse eine amtsärztliche, qualifizierte Leichenschau verbindlich vorgeschrieben werden. Zudem sei es an der Zeit, dass in allen Ländern Schwerpunktstaatsanwaltschaften und zentrale Ermittlungsgruppen für Delikte in Pflege und Medizin eingerichtet würden: „Die Schwächsten in der Gesellschaft müssen geschützt werden.“

Mit der Verkündung des Urteils gegen Högel endet an diesem Donnerstag der größte Serienmordprozess der deutschen Nachkriegsgeschichte. Laut Anklageschrift soll Högel zwischen 2000 und 2005 in Oldenburg 36 und in Delmenhorst 64 Patienten vergiftet haben. Er hat 43 Morde eingeräumt. Vor drei Wochen hat die Staatsanwaltschaft lebenslange Haft wegen Mordes in 97 Fällen gefordert. In drei Fällen sei der Angeklagte mangels ausreichender Beweise freizusprechen. Wegen weiterer Taten verbüßt Högel bereits eine lebenslange Haftstrafe.

( dpa )