Hallig Süderoog

Mit Frontlader und Trecker: Müll sammeln auf der Hallig

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Auf der Hallig gesammelter Müll liegt vor einer Scheune

Auf der Hallig gesammelter Müll liegt vor einer Scheune

Foto: Christian Charisius / dpa

Jedes Jahr geraten rund 20.000 Tonnen Abfall in die Nordsee. Was die Anwohner alles vor ihrer Tür finden und wohin der Müll kommt.

Hallig Süderoog.  Einen Luftballon für Töchterchen Fenja muss Holger Spreer nicht kaufen. Die muss er nur einsammeln, schließlich werden sie auf der Hallig Süderoog in Massen angeschwemmt: „Einmal hingen sogar noch Luftpost-Grüße von einer Hochzeit dran, ein anderes Mal war es die Karte von einem Luftballonwettbewerb – nur lag der Einsendeschluss leider schon fast ein Jahr zurück.“

Spreer und seine Partnerin Nele Wree leben mit ihrer Tochter auf der mitten im Nationalpark liegenden Hallig Süderoog. Doch „unberührte Natur“ gibt es dort nicht. Zum Teil mehrmals in der Woche gehen beide außen an der Kante entlang und sammeln Müll. „Mit Frontlader und Trecker – sonst schleppt man sich tot“, sagt Spreer. Mehrere Tonnen Abfall sammeln sie jedes Jahr. Die Müllflut trifft jedoch nicht nur auf die Hallig Süderoog. „Das sieht man überall an der Küste“, sagt Spreer. Nach Schätzungen der Umweltorganisation Nabu gelangen jedes Jahr rund 20.000 Tonnen Müll in die Nordsee, größtenteils verursacht durch Schifffahrt und Fischerei.

Wetterballon, Einwegrasierer

Diese Reste der Wegwerfgesellschaft treiben mit den Strömungen von Ebbe und Flut durch das Wattenmeer, werden von Wind und Stürmen auch wieder an Land getragen. Bei Müllzählungen seien in der Vergangenheit „durchschnittlich 712 Müllteile pro 100 Meter Küstenlinie“ entdeckt worden, heißt es beim Naturschutzbund.

„Das Müllsammeln ist zum Teil eine sehr ätzende Arbeit“, sagt Spreer, während er in einem Spülsaum-„Teppich“ nach Plastik und anderem Abfall sucht. Mal findet er Eimer und Fischkisten, mal einen Schwung nagelneuer Einwegrasierer – „merkwürdigerweise ist auch einer von einem anderen Hersteller dabei“ – dann wieder ist es der Wetterballon eines Meteorologen.

Auch „Ölkanister mit Restinhalt sind keine Seltenheit“, sagt Speer. „Wenn sie aus Blech sind, ist das besonders ungünstig. Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Salzwasser sie zerfrisst und das Öl ins Meer gelangt.“ Oft seien auf den Dosen noch Gefahrenhinweise – „ätzend“, „giftig“ oder einfach nur ein Totenkopf. „Einmal hatte sich ein 200-Liter-Fass mit ungewissem flüssigen Inhalt in den Buschlahnungen verfangen.“

Zudem werden alte Kaffeepads, Taue und Tüten angeschwemmt. Auch unversehrte Verpackungen mit Instant-Snacks sind keine Seltenheit: „Verhungern müsste man hier nicht“, scherzt Spreer. In seinem „Sammel­lager“ auf Süderoog stapelt sich inzwischen ein Sammelsurium vom fingernagelgroßen Styropor-Stückchen bis zu einem Meter großen Seezeichen, das sich in irgendeinem Fahrwasser losgerissen hat. Zur weiteren Entsorgung wird der Müll erst nach Pellworm und dann aufs Festland verschifft.

( lno )