Der ehemalige Umweltminister Berndt Heydemann will mit seiner Naturschau nach Mölln ziehen - und hofft auf Hilfe vom Land.

Kiel/Mölln. Bekommt Schleswig-Holstein eine faszinierende Biologieausstellung - oder gibt das Land viel zu viel Geld für eine Schau aus, die an anderer Stelle gescheitert ist? Auf diese Frage läuft der politische Streit hinaus, der sich in Kiel entzündet hat - und in dessen Mittelpunkt das Zukunftszentrum Mensch-Natur-Technik-Wissenschaft (ZMTW) des ehemaligen schleswig-holsteinischen Umweltministers Berndt Heydemann steht. Der 18 Hektar große Naturpark mit Ausstellungsgebäuden befindet sich im mecklenburgischen Dorf Nieklitz. 380.000 Euro will die Koalition aus SPD, Grünen und SSW bereitstellen, um prüfen zu lassen, ob ein Teilumzug nach Schleswig-Holstein möglich ist - und um einzelne Modelle der Ausstellung zu erwerben.

Die Opposition reagierte mit heftiger Kritik. Heiner Garg (FDP) sprach von einer "bodenlosen Frechheit". "Hier versucht man verzweifelt, das Lebenswerk eines ehemaligen SPD-Umweltministers zu retten", sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Eine ähnliche Einschätzung kommt von CDU-Fraktionschef Johannes Callsen. "130.000 Euro allein für eine Machbarkeitsstudie ausgeben zu wollen ist Irrsinn", sagte er. "Jeder weiß, worum es geht. Der ehemalige Umweltminister Berndt Heydemann versucht seit Monaten, durch Einzelgespräche auf den Fluren des Landeshauses Geld für sein in Mecklenburg-Vorpommern krachend gescheitertes Projekt lockerzumachen."

Der Biologieprofessor Heydemann, 82, gilt als Pionier der Bionik - eines relativ jungen Wissenschaftszweigs, der Phänomene der Natur auf die Technik übertragen will. Er lehrte an der Universität Kiel. 1988 holte ihn Björn Engholm (SPD) als Umweltminister in sein Kabinett, fünf Jahre blieb er es. 1998 gründete er in Nieklitz in Mecklenburg-Vorpommern, unweit der Grenze zu Schleswig-Holstein, eine Ökologiestiftung, die das ZMTW betreibt. Für sein Lebenswerk erhielt Heydemann 2005 den Umweltpreis der Bundesstiftung Umwelt. Fritz Brickwedde, der Generalsekretär der Stiftung, bezeichnete den Professor bei der Preisverleihung als "Geburtshelfer für die moderne Bionik und Ökotechnologie in Deutschland". Im ZMTW zeige er "faszinierend" Wissenschaft zum Anfassen.

Fasziniert war anfangs auch die mecklenburgische Landesregierung von dem Projekt - und unterstützte es mit Zuschüssen. Mehrere Millionen Euro waren es, eine genaue Zahl ist nicht zu bekommen. Aber 2008 war damit Schluss.

Berndt Hydemann sagt, er sei in einen Streit zwischen der SPD und den Linken in Schwerin geraten. "Seitdem ist mir der Hahn abgedreht worden", sagte er. Jetzt hat er ein Gelände in Mölln (Kreis Herzogtum Lauenburg) im Visier - in direkter Nachbarschaft zum dortigen Wildpark, in dem sich Hirsche, Rehe und Wildschweine tummeln. "Die Nähe zu Tieren ist immer gut", sagte er. Die Nähe zu Hamburg auch. "Viele unserer Besucher kommen von dort. Wenn wir an die Metropolregion heranrücken, dann ist das gut für uns." Auch einen Namen hat das Kind schon: "Bio-Informenta" soll die Schau heißen, für deren Aufbau Heydemann "ein bis zwei Jahre" benötigt.

Der Professor sieht sein Angebot als "großzügiges Geschenk" an. "Ich will nichts für mich", sagte er. "Ich will das nur nicht alles kaputtgehen lassen." Er selbst stecke pro Jahr 350.000 Euro aus eigener Tasche in das ZMTW. "Ich habe zeit meines Lebens Geld gespart. Von meinem Ministergehalt habe ich mir immer nur das genommen, was ein Arbeitsloser bekam. Den Rest habe ich auf ein Konto gelegt." Die Kritik der CDU missfällt ihm. "Da wird ein rüpelhafter Ton angeschlagen", sagte Heydemann. "Callsen ist nie hier gewesen."

Auch Ralf Stegner, der Fraktionschef der SPD, hat wenig Verständnis für die Aufregung. "Der Regierungskoalition geht es darum, Chancen für unser Land zu erkennen", sagte er. "Ein Projekt, das ein direktes Erleben von Wissenschaft und Natur ermöglicht, könnte eine Bereicherung für Schleswig-Holstein darstellen."

Ende Januar wird sich eine kleine Delegation nach Nieklitz aufmachen. Martin Habersaat, SPD-Landtagsabgeordneter aus Stormarn, und Jörg Schumacher, Geschäftsführer diverser Stiftungen der Sparkasse Holstein, wollen schauen, wie interessant Nieklitz ist - und wie lehrreich die Naturmodelle sind, die es dort gibt. Die Stiftungen werden sich möglicherweise an dem Projekt beteiligen.