Herzogtum Lauenburg lockt Unternehmen offensiv mit niedrigen Gewerbesteuern und günstigen Grundstückspreisen - zum Unmut der Hamburger.

Hamburg. Der Kampf zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg um die Ansiedlung von Unternehmen wird immer heftiger. Nachdem erst kürzlich die Norderstedter den Klebstoffspezialisten Tesa von Eimsbüttel in ihre Stadt lockten, wirbt nun auch der Kreis Herzogtum Lauenburg ganz offen um Firmen aus der Hansestadt.

"Hier wird der Fiskus zum Fisküsschen", heißt es in einer Anzeige, die die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises in großen Hamburger und überregionalen Tageszeitungen schaltet. Eine Anspielung auf die deutlich niedrigeren Gewerbesteuerhebesätze in der Region östlich von Hamburg, die nach Angaben der Schleswig-Holsteiner rund 30 Prozent unter denen in Hamburg liegen.

Rund 700.000 Euro steckt der Kreis in diesem Jahr in seine Werbekampagne. "Als ehemaliges Zonenrandgebiet haben wir noch immer einen deutlichen Nachholbedarf", sagt der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, Werner Hesse, dem Abendblatt. "Da muss es gestattet sein, auch auf die Standortvorteile in unserer Region hinzuweisen."

Im Vergleich zu Hamburg seien nicht nur die Gewerbesteuern niedriger, sondern auch die Grundstückspreise, die mit maximal 53 Euro pro Quadratmeter lediglich bei der Hälfte der durchschnittlichen Preise in der Hansestadt lägen. "Außerdem können Investoren bei uns mit einer schnellen, unbürokratischen Baugenehmigung rechnen, während sie in Hamburg oftmals viele behördliche Hürden zu überwinden haben."

Solche Aussagen kommen in der Wirtschaftsbehörde der Hansestadt nicht so gut an. "Die aktuelle Werbekampagne aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg ist nicht gerade nett", sagt Staatsrat Andreas Rieckhof, der in der Behörde für die Zusammenarbeit unter den norddeutschen Bundesländern zuständig ist. Sie sei auch nicht unbedingt im Sinne der Metropolregion Hamburg, in der sich die Länder eigentlich gemeinsam um die Ansiedlung von Firmen bemühen sollten. Allerdings gehe er nicht davon aus, dass aufgrund der Aktion nun "massenhaft" Firmen aus der Hansestadt abwandern würden.

Laut Hesse haben sich seit der Wiedervereinigung rund 700 neue Firmen mit 10 000 Arbeitsplätzen im Kreis Herzogtum Lauenburg angesiedelt, wobei etwa die Hälfte davon aus Hamburg stammten. 2011 kamen 46 Unternehmen zusätzlich nach Ratzeburg, Mölln oder Schwarzenbek. Zu den Firmen, die in den vergangenen Jahren den Sprung heraus aus Hamburg wagten, zählt der Autoteile-Händler BBR Automotive, der vor zwei Jahren nach Geesthacht wechselte.

"Wir haben in Hamburg rund zwei Jahre nach einem neuen Standort gesucht, weil wir uns vergrößern wollten", sagt der Geschäftsführer des Unternehmens, Zoran Bojovic. Von Seiten der Behörden habe er aber keine große Unterstützung erhalten. "Ein Mittelständler mit einem Jahresumsatz von 20 Millionen Euro scheint für Hamburg nicht wirklich wichtig zu sein", so Bojovic. Den Ausschlag gaben schließlich die niedrigen Grundstückspreise. "Statt 130 Euro pro Quadratmeter in Moorfleet haben wir in Geesthacht nur 50 Euro pro Quadratmeter gezahlt."

Wesentlich schmerzhafter als die Abwanderung einzelner Mittelständler gen Osten ist allerdings der Coup, der Norderstedt Anfang Februar gelang. Bis 2015 will die Beiersdorf-Tochter Tesa ihre Zentrale in ein Gewerbegebiet in der Nachbarstadt verlegen. 800 Mitarbeiter sollen dorthin umziehen. Auch den Klebstoffspezialisten fehlten in Hamburg die nötigen Erweiterungsflächen. Norderstedt hatte zudem mit wenig Bürokratie, einem schnellen Datennetz, der Nähe zum Hamburger Flughafen und dem geplanten Bau einer Kindertagesstätte im Gewerbegebiet für sich geworben.