Wedel. Kurt Barnekow (1910 bis 1998) hat nach dem Zweiten Weltkrieg in Wedel den Grundstein für eine Wirtschaftswundergeschichte gelegt. 72 Jahre nach der Gründung einer Möbelfabrik ist der Wedeler Unternehmer am Donnerstag posthum geehrt worden: Ein Weg im neuen Altstadtquartier trägt nun seinen Namen. Seine Frau Karin Brennecke-Barnekow enthüllte das Straßenschild in Anwesenheit des Bürgermeisters Niels Schmidt und zahlreicher weiterer Gäste. Der Kurt-Barnekow-Weg führt vom Fritz-Hörnig-Weg parallel zur neuen Hanna-Lucas-Straße.
Der am 9. April 1910 in Altona geborene Kurt Barnekow hatte stets ein Herz für seine Mitmenschen, denen es weniger gut ging. Er selbst war mit sieben Jahren zum Vollwaisen geworden. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen bei zwei Tanten in Stralsund auf. Dass ein Lehrer ihm die Teilnahme an einer Klassenfahrt schenkte, vergaß Kurt Barnekow nie. Später als erfolgreicher Unternehmer ließ er andere an seinem Erfolg teilhaben, er spendierte unter anderem bedürftigen Kindern Klassenfahrten – mit einer Stiftung auch über seinen Tod am 25. März 1998 hinaus.
Kurt Barnekow wuchs als Waise in ärmlichen Verhältnissen auf
„In seinen letzten Jahren hat er oft darüber nachgedacht, eine Stiftung für Waisenkinder zu gründen“, sagt Karin Brennecke-Barnekow. Er selbst sei nie über seine Elternlosigkeit hinweggekommen. „Nach seinem Tod habe ich es als einen Auftrag verstanden.“
Am 19. Juli 2001 gründete sie die Kurt-Barnekow-Stiftung mit einem Vermögen von einer Million Mark. Seitdem sind mehr als 160 soziale Projekte mit insgesamt 240.000 Euro gefördert worden. Davon kamen mehr als 60.000 Euro Wedel Institutionen zugute.
Nach einer Lehre zum Im- und Exportkaufmann trat er 1929 eine Stelle als Assistent beim Möbelproduzenten Robert Ruscheweyh in Langenöls (heute Polen) an. Barnekow baute für ihn eine Exportabteilung in Hamburg auf. Die jüdischen Eigentümer zogen 1933 nach Frankreich, das Unternehmen ging insolvent. Barnekow baute ab Mitte der 1930er Jahre die Hamburger Möbelgroßhandlung von Erwin Hass mit auf und wurde später alleiniger Inhaber.
Die Nazis verhafteten Barnekow
Da er wiederholt wirtschaftspolitische Entscheidungen der nationalsozialistischen Behörden kritisierte und seine Konkurrenz ihn als Regimefeind denunzierte, musste er 1938 ins KZ Fuhlsbüttel und später in Untersuchungshaft, wie in einem Wikipedia-Eintrag nachzulesen ist. Knapp ein Jahr später wurde Barnekow entlassen, und das gegen ihn erhobene Wirtschaftsstrafverfahren wurde Ende 1939 eingestellt. 1942 wird er als Soldat eingezogen.
Man sagte dem Kaufmann Kurt Barnekow unternehmerischen Weitblick und enorme Beharrlichkeit nach. „Nach dem verheerenden Krieg baute er auf einem Trümmergrundstück in Wedel sein Kubah-Möbelunternehmen auf und gab damit Menschen einen Arbeitsplatz und brachte sie in Lohn und Brot“, sagt die Witwe. Der Name des Unternehmens setzte sich aus den ersten beiden Buchstaben des Vor- und des Nachnamens zusammen. Das H stand für Hamburg, wo er in Altona bereits ein Einrichtungshaus eröffnet hatte.
1949 lief die Serienproduktion von Möbeln an
Vielerorts waren 1947 die Schäden der Luftangriffe noch sichtbar, Menschen lebten beengt in Baracken, während Kurt Barnekow seine Fabrik für Formholz-Möbel zwischen der Eisenbahnlinie und der Rissener Straße plante. Das Grundstück erwarb er vom Gutsbesitzer des Haidehofes, Walter Hardt. Er machte die Brache urbar, eine Herausforderung, denn es gab weder Kanalisation, noch Wasserversorgung oder Wege.
Trotz aller Widrigkeiten lief im April 1949 die Serienproduktion von Möbeln an. Käufern bot er Ratenzahlung. Der Absatz kurbelte die Produktion an. Ende der 1950er-Jahre erweiterte er das Sortiment um Teppiche und beschäftigte fast 400 Angestellte.
Mitarbeiter auf geschmückten Lastwagen nahmen an Festumzügen teil, organisierten eine Fußballmannschaft und konnten in einem zum Schwimmbecken ausgebauten Feuerlöschteich baden, wie es in einem Artikel des Stadtarchivs heißt. Doch: Nicht alle waren zufrieden. Ende der 1950er- und in den 1960er-Jahren kam es zu Streitigkeiten zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat, die in öffentlichen Protesten gipfelten.
Barnekow nahm den Kampf mit Ikea auf
Kurt Barnekow war durchaus ein Kämpfer, der es auch mit der Konkurrenz aus Schweden aufnahm, wie aus einem Spiegel-Artikel hervorgeht. So klagte er gegen Ikea wegen unlauteren Wettbewerbs, weil sie mit kostenlosem Frühstück und enormen Preissenkungen lockten. Und er deckte auf, dass die Schweden die Kundschaft mit Möbeln aus der DDR abspenstig machten.
Trotzdem stagnierte Ende der 1960er-Jahre der Umsatz. und es gab Schwierigkeiten mit Großabnehmern. Kurt Barnekow stellte zum 1. August 1970 die Möbelproduktion ein und eröffnete ein Jahr später das Kubah-Kaufkraft-Einrichtung-Center an der Rissener Straßen, dem späteren Fachmarktzentrum. Fünf Jahre später kam eine Filiale in Hamburg-Ochsenzoll dazu.
Barnekows Witwe überreichte einen Scheck
Zur Einweihung des Kurt-Barnekow-Wegs und zum Stiftungsgeburtstag brachte Karin Brennecke-Barnekow im Namen der Stiftung einen symbolischen Scheck über eine Summe von 20.000 Euro für Wedeler Einrichtungen mit. Davon gehen jeweils 2000 Euro an Stadtmuseum, DRK, Frauenhaus, die Jugendarbeit des TC Wedel, den Verein Kindesglück und Lebenslust, die Stadtjugendpflege, das Fünf-Städte-Heim Hörnum, die Awo Wedel Altenpflege, den Förderverein der Feuerwehr und an Weki Wedeler Kinder in Not.
Die Stiftung verfügt über ein Vermögen von knapp 600.000 Euro, sodass im Namen Barnekows auch künftig noch Gutes getan wird.
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