Klaus Petzold, Inhaber des sechsten Dan, bemängelt fehlende Motivation vieler Trainer und will neuen Taekwondo-Dachverband gründen

Uetersen. Mit den Begriffen Kampfsport oder gar Kampfkunst verbinden Mitteleuropäer nicht unbedingt Disziplinen wie Boxen oder Ringen, sondern viel eher fernöstliche Techniken. Das aus Japan stammende Budo (Karate, Aikido, Jiu Jitsu und andere), das chinesische Kung-Fu und das in Korea entstandene Taekwondo haben auch in Deutschland seit Jahrzehnten viele Anhänger, die sich in Vereinen, Sport-Studios und Gesundheitszentren fit halten, neue Techniken erarbeiten und dabei von Lehrern betreut werden, die während der Übungseinheiten großen Respekt genießen. Das Wort Taekwondo entstand aus der Zusammensetzung der drei sinokoreanischen Silben Tae („Fuß“), Kwon („Hand“) und Do („der Weg").

Zu den deutschen Großmeistern des Taekwondo zählt Klaus Petzold aus Uetersen. Der in Groß-Büttel geborene Dithmarscher, 59, engagierte sich nach dem Umzug seiner Familie (1963) in den Kreis Pinneberg zunächst in der Ortsgruppe Uetersen/Moorrege der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Für Kampfkunst begeistert sich Petzold, als er 1974 zu Beginn seines Philosophie-Studiums in Kiel eine Trainingseinheit bei Großmeister Hans-Ferdinand Hunkel absolvierte.

„Seitdem beschäftige ich mich intensiv mit ostasiatischen Kampfsportarten, Meditation und Atemübungen“, sagt der Mann, der mittlerweile als Inhaber des sechsten Dan selbst zu den besten seiner Zunft zählt und dem wohl kaum jemand sein Alter abnehmen würde. Klaus Petzold ist fit wie ein Mittzwanziger, strahlt viel Ruhe und enorme Autorität aus. Bereits 1986, kurz nach der bestandenen Trainer-B-Lizenz, eröffnete er in seiner Heimatstadt den Prisma-Sportclub in der Seminarstraße. 1990 erwarb er die A-Lizenz, bereits 1989 wurde er mit der Ehrennadel der Deutschen Taekwondo-Union (DTU) ausgezeichnet.

Unter diesem Aspekt könnte Klaus Petzold mit der Entwicklung und der Akzeptanz dieser Kampfkunst in Deutschland hoch zufrieden sein. Doch das Gegenteil ist der Fall, und das ist auch die Ursache dafür, dass der Großmeister zum Rebellen mutiert. Petzold kritisiert vor allem die fehlende Motivation vieler Trainer und Funktionäre der Deutschen Taekwondo-Union (DTU). „Es steht der sportliche Erfolg und nicht das Übermitteln von Lehrinhalten im Vordergrund, und genau das soll in Kürze ein mit Gleichgesinnten gegründeter neuer Verband namens Traditional Taekwondo Centers ändern“, sagt Petzold.

Traditionell bedeutet dabei nach Auffassung des Großmeisters mehr als die Weitergabe bekannter Inhalte, schließt vielmehr die Fähigkeit ein, sich in das Bestreben, das „Do“, des Lehrers hineinzuversetzen und sich so entsprechend der jeweiligen zeitlichen Anforderungen weiterzuentwickeln. Diese zu definieren und entsprechende Trainingsformen zu entwickeln, war schon in den vergangenen Jahren Petzolds Hauptanliegen. So entwickelte der Kampfkunst-Großmeister Konzepte für Taekwondo-Unterricht an Schulen, die heute schon in mehr als 20 Städten umgesetzt werden, und ein System, das Petzold „Kreation“ nennt. Auf diese Weise können Trainer eigene Bewegungsmuster in den Unterricht einbringen, die allerdings den Anforderungen der Sportmedizin und der Bewegungslehre entsprechen müssen. Allein Petzold verfügt über einen „Pool“ von mehr als 700 Bewegungen.

Die Gründung eines neuen Verbandes gemeinsam mit Gleichgesinnten und vor allem mit transparenteren Strukturen als bisher treibt Klaus Petzold schon länger um. Sollte das Vorhaben Ende September in Frankfurt gelingen, erfüllte für den Großmeister ein lang gehegter Wunsch. Die Traditional Taekwondo Centers wären neben der DTU und zwei traditionellen Clubs die vierte Organisation dieser Art in Deutschland und sehr wahrscheinlich aus dem Stand die zweitstärkste Vereinigung.

Die Chancen für die Neugründung stehen nach Einschätzung Petzolds, der auch bereit wäre, die Hauptrepräsentation des TTC zu übernehmen, nicht schlecht. „40 von 60 Schulen wollen im neuen Verband mitwirken", sagt der Großmeister, der die selbst gestellte Aufgabe realistisch angeht und langfristig plant. „Wir brauchen ein neues Konzept, mit dessen Umsetzung wir zukünftig gut zu tun haben werden.“ Der pädagogische Ansatz ist ihm dabei ebenso wichtig wie die Berücksichtigung medizinischer Aspekte, die Petzold selbst längst umgesetzt hat, denn bereits 1999 firmierte der Prisma-Sportclub zum Gesundheitsstudio um und setzt seitdem nicht nur im Bereich Kampfkunst neue Akzente.

Sollte Klaus Petzold seine Vorstellungen beim Verbandstag umsetzen können, bliebe das sportliche Angebot in Uetersen davon unberührt. Die Begeisterung für den Kampfsport hat der Großmeister nämlich seinen Töchtern Anna-Maria, 32, und Nora-Luisa, 30, vererbt. Beide sind Dan-Trägerinnen, betreiben eigene Institute in Relingen und Hamburg. Ohnehin hat die Nachwuchsarbeit hohen Stellenwert für die Familie Petzold. Erst vor wenigen Wochen nahm Klaus Petzold in Hamburg 23 Prüflingen den nächsten Kup (Schülergrad in einigen koreanischen Kampfkünsten) ab. Selbst im Taekwondo, der dynamischsten der fernöstlichen Kampfkünste, können sich Kinder schon im Alter von vier Jahren versuchen.

Um die Zukunft seines Sports macht sich Großmeister Petzold denn auch keine Sorgen. „In der Metropolregion Hamburg gibt es schon jetzt mehr als 25 Dan-Träger, und insofern ist eine Betreuung neuer Kampfsportler aller Altersklassen gewährleistet.“