Beim VfL Pinneberg will Hendrik Boesten an alte Glanztaten als Stürmer anknüpfen. Coach Fischer glaubt trotz aktueller Sorgen an eine entspannte Saison

Pinneberg . Michael Fischer spannte in seinem Garten die Hängematte auf und ließ die Seele baumeln. Vielleicht ein letztes Mal, bevor es wieder richtig los geht. Der Trainer des VfL Pinneberg, 46, schloss die Augen und träumte von einer weiteren sorgenfreien Saison im oberen Tabellen-Mittelfeld.

Doch unbequem wird es schon am ersten Spieltag, wenn seine Oberliga-Fußballer im Mannschaftsbus, begleitet von Kind und Kegel, die Fahrt zu Vizemeister SV Curslack-Neuengamme antreten. Anschließend stehen die Heimspiele gegen den SV Rugenbergen (Oddset-Pokal) und den FC Süderelbe im Terminkalender. Von 17 Feldspielern im Kader stehen zurzeit die Urlauber Artur Frost und Sascha Bernhardt sowie die verletzten Tim Jeske und Tim Vollmer nicht zur Verfügung. Fischer, Mathematik- und Sportlehrer im Pinneberger Förderzentrum, rechnet mit leichten Startschwierigkeiten.

Im Amateurfußball muss die Balance zwischen Engagement und Spaß da sein

Einmal hat ihn die Mannschaft doch glatt um den verdienten Schlaf während seiner unterrichtsfreien Zeit gebracht. Das war im Aschendorfer Trainingslager. Fischer gestattete der Mannschaft einen Ausflug nach Papenburg in die Großraum-Diskothek. Als die Nachtschwärmer um 6 Uhr morgens ins Quartier zurückkehrten, legten sie sich nicht etwa schlafen.

Stattdessen waren laute Gesänge zu hören. Mit viel Getöse drehten die Spieler noch ein paar Runden um den Sportplatz. Die Kraft reichte für ein 10:0 am nächsten Tag im Oddset-Pokal bei Germania Schnelsen. „Im Amateurfußball musst du die Balance zwischen Engagement und Spaß finden. Es geht weder ohne das eine noch ohne das andere“, sagt Fischer, während seiner aktiven Zeit auch kein Kind von Traurigkeit.

Deprimiert war zwischendurch Tim Jeske. Kaum hatten ihn die Pinneberger unter Vertrag genommen, handelte er sich in einer Partie des VfR Horst einen Kreuzbandriss ein. Der frühere Torjäger des FC Elmshorn wird nach erfolgreicher Operation am 10. Juli erst 2015 im Punktspielbetrieb zurückerwartet. Zu keinem Zeitpunkt dachten die Pinneberger daran, von seiner Verpflichtung Abstand zu nehmen. Das lag auch einem Erlebnis am 4. Februar in Horst. Die Pinneberger verloren ihr Testspiel dort 3:4. Dreifacher VfR-Torschütze: Tim Jeske.

Weniger positiv trat Sascha Bernhardt beim 1:6 des Meiendorfer SV am 3. Mai im Stadion am Rosengarten in Erscheinung. Ehrlich gesagt: Er spielte als rechter Verteidiger furchtbar schwach. Die Pinneberger versprechen sich trotzdem etwas von ihm. „Als Linksfuß gehört er nach links. Auf dieser Seite ist er stark“, urteilte Fischer. Spannend wird die Frage ob Fischer in seinem zehnten VfL-Jahr Henk Boesten, 25, wieder zu Leben erweckt.

Der Elmshorner galt zu Zeiten beim TSV Sparrieshoop und Wedeler TSV als Stürmer mit ausgeprägter Zukunft. Sein „Killerinstinkt“ brachte ihm den Beinamen „Henker“ ein. Bei der SV Halstenbek-Rellingen erschlaffte er, bei der SV Lieth verschwand er in der Versenkung. „Henk will es wieder wissen“, versichert Fischer. In den Testspielen legte Boesten sein Phlegma endlich wieder ab und traf mehrfach.

Trainer Michael Fischer bezeichnet den VfL als „Traumverein"

Die Rugenbergen-Fraktion im VfL-Team bleibt stark, obwohl sich Daniel Brehmer in die Zweite zurückzog. Sören Lühr nahm den umgekehrten Weg und spielt für Fischers Geschmack „Superklasse“. Als wichtige Alternative könnte der ehemalige Bönningstedter Matthias Chmielewski der die Reise nach Aschendorf als Gastspieler mitmachte, zu gebrauchen sein. Stand zurzeit: „Entschieden ist nichts, aber wir sind in sehr guten Gesprächen.“

Die Diaz-Zwillinge (soziales Jahr in Spanien), Thomas Koster (Wedeler TSV), Mark Müller (Alte Herren Holsatia) und Daniel Zass (SV Blankenese) haben Lücken hinterlassen, die allerdings auch von Akteuren der Zweiten geschlossen werden könnten. Fischer denkt an Philip Hauswerth, Martin Staegemann und Christian Kulicke, die vergangene Serie noch dem Oberliga-Aufgebot angehörten.

Der Austausch mit Landesliga-Trainer Heiko Klemme erfolgt seit Jahren vollkommen reibungslos. Das gute interne Betriebsklima, die Rückendeckung des Vorstands auch in schweren Zeiten und ordentliche sportliche Perspektiven entlocken Michael Fischer diese Aussage: „ Mit dem Umfeld und den Arbeitsbedingungen wie zurzeit ist der VfL Pinneberg ein Traumverein.“

Einschätzung: Der VfL und Michael Fischer, der Traum lebt. Mindestens bis 2016, wenn Trainersohn Yannik, 17, zu den Herren wechselt. Pinneberg bleibt erfolgreich – Platz fünf oder sechs.

Das Aufgebot: Tor: Norman Baese, Tim Brüggemann, Sascha Dittrich.Abwehr: Sascha Bernhardt (Meiendorfer SV), Florian Holstein, Fabian Knottnerus, Steffen Maaß, Tim Vollmer, Jan-Philipp Zimmermann.Mittelfeld: Alexander Borck, Benjamin Brameier, Christian Dirksen, Sören Lühr (2. Mannschaft), Flemming Lüneburg, Thorben Reibe, Sascha Richert; Angriff: Sören Badermann, Hendrik Boesten (SV Lieth), Artur Frost, Tim Jeske (VfR Horst).Trainer: Michael Fischer (zehnte Saison).Co-Trainer: Börje Scharnberg.