1000 Euro Strafe wegen rassistischer Beschimpfungen. Jetzt kämpft Timo Albrecht (Wedeler TSV II) um Recht und Ruf

Wedel. Walter Zessin ist verärgert. „Geht dort unbedingt hin, das habe ich als allererstes gesagt“, betont der Ligaobmann des Wedeler TSV. Dann aber konnten weder Trainer Carsten Hlede (Geschäftsreise) noch Timo Albrecht, der als Speditionskaufmann bis 18 Uhr in Rothenburgsort arbeitete, den Termin beim Sportgericht in Jenfeld wahrnehmen. Jetzt steht die zweite WTSV-Mannschaft (Kreisliga) im Mittelpunkt einer unangenehmen Geschichte. Wegen angeblich rassistischer Äußerungen soll Albrecht die Rekordstrafe von 1000 Euro bezahlen. „Doch ich bin völlig unschuldig“, versichert der 21 Jahre alte Defensivspieler.

Im Anschluss an die Partie beim SC Pinneberg am 13. April, das die Wedeler in letzter Minute 3:4 verloren, waren böse Worte zu hören gewesen. „Ihr Scheiß-Kanaken habt doch nur darauf gewartet, dass Pinneberg noch ein Tor schießt“, soll einer beim Abpfiff von Schiedsrichter Iman Mohammadi Imir gerufen haben. Linienrichter Chrisovalandis Christoglu (SC Eilbek) sprach kurz mit dem Unparteiischen des SC Persia. Dann bekam Albrecht, der wegen einer schweren Knieverletzung seit vier Monaten pausiert, aber als Co-Trainer fungierte, die Rote Karte zu sehen.

Albrecht fasste für sich einen Entschluss: „Ich bin in dieser Sache nicht bereit, für einen anderen den Kopf hinzuhalten.“ Nachdem sich die Unruhe gelegt hatte, stapfte er in die Kabine des Schiedsrichter-Gespanns, beteuerte seine Unschuld und gab den Teamgefährten F. als Täter an.

Trainer Carsten Hlede, 55, bestätigte Albrechts Angaben: „Nicht Timo, sondern der bereits des Feldes verwiesene Spieler F. hat gewisse Worte ins Spielfeld gerufen. Ich weiß das, weil ich direkt daneben stand.“ Seine schriftliche Darstellung ließ Hlede dem Sportgericht per Mail einen Tag vor der Verhandlung zukommen. Dann fiel er „fast vom Hocker“, als er das Urteil las. „Als Lügner da zu stehen, das ist kein schönes Gefühl“, sagt der scheidende WTSV-Coach, der sich nach acht Jahren in Wedel eine Auszeit vom Fußball auferlegte.

Ausschließlich mit dem Ziel, Timo Albrecht zu rehabilitieren, reichte Abteilungsleiter Klaus Dreschniol Berufung gegen das Urteil ein. „F. soll zur Berufungsverhandlung mitkommen oder eine Erklärung abgeben, dass die Äußerungen von ihm stammen und nicht von mir“, fordert Albrecht. Dabei geht es ihm nicht nur ums Geld, sondern vor allem um seinen Ruf. „Ich selbst war acht Jahre lang Schiedsrichter. Verwandte von mir sind seit 30 Jahren an der Pfeife. Ich habe großen Respekt vor den Schiedsrichtern und verurteile es scharf, dass sie in Ausübung ihres Hobbys beleidigt werden.“

Was sollen jetzt bloß die Freunde, die er sich nach acht Jahren beim WTSV und fünf Jahren bei Blau-Weiß 96 in der Fußball-Szene gemacht hat, von ihm denken? Albrecht erwartet „totale Rückendeckung des Vereins.“ Doch die Frage ist, ob F. mitspielt, nachdem Walter Zessin diese Erklärung abgab: „Bei der Höhe der Strafe ist denkbar, dass wir uns das Geld vom Spieler zurückholen, zumindest einen Teil der Summe.“ Gegen die Pinneberger hatte sich F. wegen eines schweren Fouls die Rote Karte eingehandelt. Das Sportgericht hatte ihn zu sechs Spielen Zwangspause verdonnert, der Club sperrte ihn bis zum 30. Juni.

Ob und welche Aussagen F. nun auch immer tätigt, sieht Walter Zessin ein großes Problem auf Albrecht und Hlede zukommen: „Es passiert selten, dass Schieds- oder Linienrichter vor dem Sportgericht eine verkehrte Wahrnehmung korrigieren. Wenn es gar um rassistische Äußerungen geht, kennt der Verband sowieso keinen Spaß.“

Das Verbandsgericht (zweite Instanz) könnte zudem zu der Annahme kommen, die Wedeler würden taktisch vorgehen, um dem Verein, der für die Vergehen der Spieler haftet, die hohe Strafe zu ersparen. „Ein Co-Trainer hat Vorbild-Funktion. Entsprechend fällt eine Strafe für ihn wesentlich härter als für einen Spieler aus“, glaubt Zessin. Dabei sei Albrecht kein bezahlter Angestellter des Vereins, sondern übte seine Tätigkeit am Spielfeldrand unentgeltlich aus. Die zweite Mannschaft, die in der Staffel 7 vor dem Abstieg steht, sieht Zessin in der Zwischenzeit kritisch: „Die Geldstrafen und Roten Karten summieren sich. Sportlich hat uns dieses Team auch nicht weiter gebracht.“ Ein Nachfolger von Carsten Hlede steht noch nicht fest, der Rückzug vom Spielbetrieb ist ein Thema.

Zu den sieben Spielern, die sich zur kommenden Saison bereits abmeldeten, zählt auch Timo Albrecht. „Ich will einen Neuanfang“, sagt der Spieler, der sich dem Rissener SV anschließt. Es soll ein Neustart ohne Makel werden. In den Punktspielen zählte der Innenverteidiger zu den Leistungsträgern, bevor er sich verletzte. Die Verteidigung vor dem Verbandsgericht wird seine schwerste Schlacht.