Die Schenefelder Landesliga-Fußballer erleben ihre größte sportliche Krise seit dem Wiederaufstieg 2011

Schenefeld. Mit gesenktem Kopf trägt Fußball-Abteilungsleiter Andreas Wilcken den Plastikstuhl vom Platz, auf dem er während des Spiels wie auf heißen Kohlen gesessen hatte. Mal wieder verloren, wie so oft in letzter Zeit. Der Trainerstuhl aber bleibt bei den Landesliga-Fußballern von Blau-Weiß 96 unangetastet. Trotz der Talfahrt in der Hammonia-Staffel (viertletzter Platz) gab der Club ein Treuebekenntnis zu Selcuk Turan ab. Wilcken verlängerte den Vertrag mit dem Übungsleiter bis 2016. „Es gibt keine Trainerdiskussion, und es wird auch keine geben. Mit Selcuk gehe ich sogar in die Kreisklasse. Er ist der Beste für uns. Er lebt Fußball“, sagt der Spartenchef.

Die beiden Männer, die Schenefelds Fußballer 2011 als souveräner Meister der Staffel West zurück in die Landesliga führten, funken auf derselben Wellenlänge. Vor der Mannschaft predigen sie gemeinsam ihre Ideale: Teamgeist, Zuverlässigkeit, Opferbereitschaft für die Sache. Auseinanderzudividieren sind sie nicht. Übereinstimmend beschlossen sie am Montag, 10. März, die Trennung von Diego Ballester-Martinez. Der Mittelfeldakteur, 20, hatte sich nach verletzungsbedingter Pause geweigert, in der zweiten Mannschaft Spielpraxis zu sammeln. Damit war seine Zeit bei Blau-Weiß 96 vorbei, die erst im Sommer 2013 begonnen hatte. Ballester-Martinez war nicht der Typ Spieler, dem die Verantwortlichen positiven Einfluss im Abstiegskampf zutrauten.

Umso mehr freute sich Anreas Wilcken über den Gedankenaustausch mit Gerrit Gomoll, der in Wien Wirtschaftsrecht studiert, via Facebook. „Vom 1. bis 22. April bin ich wieder in Hamburg. Soll ich helfen?“, fragte der 24 Jahre alte Mittelfeldkämpfer. Wilken bohrte nach. „Und wie siehts im Mai aus?“ Die Antwort kam prompt. „Vom 26. bis 30. April habe ich Prüfungen. Danach geht noch was.“ Das ist es, was Andreas Wilcken unter Identifikation versteht. Interesse zeigen, auch über 1000 Kilometer Entfernung. Bei den Spielen dabei sein, auch wenn man selbst nicht aufgestellt wird.

Es ist ein ständiges Kommen und Gehen im Blau-Weiß-Kader diese Serie. Die Stammspieler Jan Düllberg (Namibia) aus beruflichen Gründen, Student Marc Eggerstedt (Auslandsjahr in den USA) und Dennis Grzesik (familiäre Gründe) stehen zurzeit gar nicht zur Verfügung. Jan Niclas Galke (Studium in Flensburg) schied ebenso aus wie der intern hoch bewertete Jesper Cordes (zurück zu Eintracht Rellingen) sowie Guedo Toure, Adulai Balde und Robin Duah, die sich für Wilckens Begriffe sportlich überschätzten.

„Sechser“ Florian Härter, einer der Allerwichtigsten, zog sich zurück, warum bloß? Auf Nachfragen reagiert der Spieler nicht. Timm Thau (Schleimbeutelentzündung) und Patrick Wolst, der drei Monate in Shanghai weilte, standen etliche Partien nicht zur Verfügung, dazu kamen Sperren zum Beispiel für Lars Briewig und Torwart Florian Jensen und immer wieder Verletzungen (Timo Carstens, Fabio Bandow).

„Unser Schicksal war, dass wir nie zweimal nacheinander mit derselben Mannschaft antreten konnte“, sagt Andreas Wilcken, der als Dauerkarten-Inhaber bei HSV-Heimspielen zurzeit doppelt leidet.

Die Wende für Blau-Weiß 96 versprach er sich vom Gastspiel bei TBS Pinneberg. Das aber wurde 1:2 verloren. Am Freitag, 14. März, um 19.30 Uhr gegen den VfL Pinneberg II laufen die Schenefelder in ihren schneeweißen Glückstrikots auf, aber ohne Abwehrorganisator Briewig (Zehenbruch). Auch dieses Spiel ist noch lange nicht gewonnen, zumal sich die Pinneberger aus dem Kader ihrer spielfreien Oberligamannschaft bedienen werden. „Doch wir können es noch aus eigener Kraft schaffen“, glaubt Wilcken. Entscheidend werden die Duelle im April mit den übrigen Abstiegskandidaten, auf die sich zumindest Gerrit Gomoll schon jetzt unbändig freut.