Eine Glosse von Karsten Jaeger

Manchmal werde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, noch einmal die Schulbank zu drücken. Ich empfinde dies als ziemlich abwegigen Versuch, mich auf die Probe zu stellen. Schließlich liegt diese Zeit ein halbes Jahrhundert zurück.

Die nächste Frage lautete diesmal jedoch, ob ich bereit sei, meine Leistungen auf dem Tennisplatz nach über 40 aktiven Jahren noch einmal aufzufrischen. Angeblich wäre laut Meinung der Kennerszene nichts leichter als das. Einfach nur Supernoten auf dem Tenniscourt abliefern, und schon sind die alten Glanzzeiten wieder da.

Der Grund ist die Bildung von Leistungsklassen. Nachdem der Deutsche Tennis Bund im September 2012 das neue Punktesystem eingeführt hatte, kann sich jeder Tennisspieler oder jede Spielerin bundesweit in den Ranglisten der jeweiligen Landesverbände nach vorn kämpfen – nur siegen muss er. Er muss bei sogenannten Leistungsklassenturnieren einfach einen besser positionierten Gegner bezwingen. Dafür gibt es mehr Punkte, als bei einem Sieg über einen Kontrahenten gleicher Ranglisteneinstufung.

Dass der Anreiz zum regen Punktesammeln immer größer wird, wurde mir als Beobachter des LK-Turniers beim TC Egenbüttel bewusst. Da zeigten 28 Tennis-Cracks aus dem Hobbybereich einen Tag lang Ehrgeiz, dass man es kaum fassen konnte. Keine Preisgelder, keine Pokale, einfach nur Punkte mussten her. So, als wolle man innerhalb weniger Stunden die Punkte für ein 1,0-Abitur sammeln.

Doch nicht alle waren auf Punktejagd. Karl-Heinz Schwannecke aus Oldenburg verlor beide Einzel, reiste aber bester Laune zurück nach Fehmarn. Es hatte ihm trotzdem Spaß gemacht. Das gefiel mir. Schon in meiner Schulzeit habe ich manchmal ungern Punkte für gute Noten gesammelt, sondern lieber den Unterricht geschwänzt und Lehrer geärgert.